Zweikämpfer, Balleroberer und Stratege Julian Weigl soll bei Borussia Mönchengladbach eine Führungsrolle einnehmen
ROTTACH-EGERN · Julian Weigl soll und will bei der "neuen" Borussia eine Führungsrolle einnehmen. Nach Hofmanns Abgang muss er dies umso mehr. Ein Bericht aus dem Trainingslager.
Zwei Spiele mit insgesamt 57 Minuten Einsatzzeit – zum Gewinn der portugiesischen Meisterschaft von Benfica Lissabon hatte Julian Weigl in der vergangenen Saison nicht viel beigetragen. Schon am 1. September war der defensive Mittelfeldspieler auf Leihbasis zu Borussia Mönchengladbach gewechselt, als Meister fühlt er sich dennoch. „Nicht zu hundert Prozent natürlich. Aber ich wurde auf dem Meisterfoto eingeklinkt und auch von vielen aus dem Verein angerufen. Ich freue mich für die Jungs, für den ganzen Club und die Fans. Man konnte sehen, wie viel ihnen die Meisterschaft bedeutet. Da waren hunderttausende Menschen auf den Straßen, alle in Rot gekleidet. Es hat vier Jahre gedauert, bis sie dies wieder machen konnten“, sagte Weigl.
In Mönchengladbach warten die Anhänger seit 28 Jahren auf einen Titel, der bislang letzte Gewinn der „Salatschüssel“ liegt sogar bereits 46 Jahre zurück und es ist eher unrealistisch, dass sich 2024 zumindest am letzteren Fakt etwas ändert. Zwar meinte Weigl im Rahmen einer Medien-Runde im Trainingslager am Tegernsee, er wolle nun wieder Meister werden – das allerdings natürlich mit einem Grinsen. „Im Ernst – über Ziele haben wir intern noch nicht gesprochen. Es wird wohl eine schwierige Saison. Wir werden sicher auch Rückschläge einkalkulieren müssen, zumal das Auftakt-Programm in Augsburg sowie gegen Leverkusen und München ziemlich knackig ist. Aber wenn wir als Mannschaft gut zusammenwachsen, dann können wir gute Resultate erzielen.“
Für Farkes Wunschspieler zahlte Gladbach 7,2 Millionen Euro
Dabei soll und will der 27-Jährige – der inzwischen für 7,2 Millionen Euro fest verpflichtet worden ist – eine tragende Rolle einnehmen und nach dem überraschenden Wechsel von Jonas Hofmann zu Bayer 04 Leverkusen muss er dies sogar noch ein Stück weit mehr. „Ich war von seiner Entscheidung schon etwas überrascht. In meinen Überlegungen galt Jonas als ein Fixpunkt für den Umbruch. Das ist natürlich ein harter Schlag. Ich bin mir aber sicher, dass wir das auffangen werden – es dürften ja noch Spieler dazu kommen. Veränderungen sind auch immer eine große Chance und diese müssen wir nutzen“, erklärte Weigl.
Eigentlich war Weigl der Wunschspieler von Daniel Farke. Der aber ist Geschichte und versucht sein Trainer-Glück jetzt beim englischen Zweitligisten Leeds United. Für Weigl ändert sich nach eigener Aussage mit dem neuen Übungsleiter Gerardo Seoane allerdings nicht viel - im Gegenteil: Weigl sieht sich in der Bringschuld. „Wenn ein Trainer entlassen wird, dann ist das auch immer eine Niederlage für die Spieler. Schließlich stehen wir auf dem Platz und auch bei mir war Luft nach oben. Ich konnte mich zwar insgesamt recht ordentlich einbringen, aber es sind auch Dinge nicht so gut gelaufen.“
Keine Ausstiegsklausel bei
Weigl wie bei Hofmann?
Bis 2028 hat der Oberbayer unterschrieben, von einer Ausstiegsklausel wie bei Hofmann ist nichts bekannt. „Ich fühle mich bei der Borussia wohl. Das ist ein großer, aber dennoch familiärer Verein. Den Zeitraum von fünf Jahren habe ich ganz bewusst gewählt. Hier will ich mich selbst von Jahr zu Jahr weiter entwickeln, diesen Anspruch und Ehrgeiz habe ich. Von Alter und Erfahrung her stehe ich dennoch in der Pflicht, noch mehr Verantwortung zu übernehmen. Ich will mit dem Wunsch vorangehen, dass wir in meinen fünf Jahren bei der Borussia in den Europapokal zurückkehren.“
An der Einstellung von Weigl sollte das nicht scheitern. Schließlich nennt der gelernte Einzelhandelskaufmann aus Bad Aibling nicht nur wegen der gemeinsamen Herkunft im Chiemgau die Bender-Zwillinge Lars und Sven als Vorbilder. „Sie sind ähnlich wie ich groß gewachsen und dennoch schlaksig. Zudem haben die zwei auf dem Platz immer alles rausgehauen und sind auch über den Punkt gegangen, an dem es weh tut.“ Bei den neuen „Fohlen“ ist Weigl auf seiner Position im defensiven Zentrum des Mittelfeldes jedoch nicht nur als Zweikämpfer und Balleroberer gefragt, sondern auch als Stratege. „Ich weiß, was der Trainer von mir verlangt. Ich soll entscheiden, ob wir nach einem Ballgewinn bereit für schnelles Umschalten sind oder ob zunächst Ruhe ins Spiel gebracht werden sollte.“
Den Anspruch an diese Führungsrolle hat Julian Weigl allerdings auch aus sich selbst heraus.