Königs plant Gladbachs Wachstum
Der Präsident von Borussia Mönchengladbach über neue Projekte, stürmische Zeiten und seine Zukunft . Das Interview führte Stephan Esser.
Mönchengladbach. Rolf Königs, Präsident von Borussia Mönchengaldbach, ist morgen zehn Jahre im Amt. Am Montag ist Mitgliederversammlung beim Fußball-Bundesligisten, der mehr als 61 Mitglieder zählt. Königs ist in Mönchengladbach geboren, 72 Jahre alt, und spricht mit unserer Zeitung über die Zukunft des Clubs.
Herr Königs, ist der Sonntag bereits voll verplant, oder bleibt noch Zeit für eine kleine Feier?
Rolf Königs: Für was denn?
Sie sind auf den Tag genau zehn Jahre Präsident des Clubs.
Königs: Ja, das stimmt. Aber für mich beginnt die Zeit schon fünf Jahre früher, als ich ins Präsidium gewählt wurde. Obwohl sich die 15 Jahre vielleicht lange anhören, ist die Zeit vergangen wie im Flug. Das liegt einfach daran, dass wir soviel in diesem Zeitraum getan haben. Wir haben den Verein saniert, restrukturiert und konsolidiert. Am Bökelberg entsprach vieles nicht mehr dem Zeitgeist. Wenn die Gastmannschaften kamen und der Bus fuhr in den Innenhof, hab ich die Busfahrer bewundert, welche Fahrkünste sie haben mussten, um da rein und wieder raus zu kommen.
In ihrem Leben gibt es auffällige Parallelen. Sie haben als Lehrling angefangen und sind zum Geschäftsführer eines internationalen Automobilzulieferers aufgestiegen. Bei Borussia wurden sie mehr ins Präsidium gedrängt und waren wenig später Präsident. Ist das Zufall?
Königs: Als das Angebot an mich herangetragen wurde, 1999 ins Präsidium zu gehen, war ich eigentlich beruflich ausgelastet. Ich habe mich dann aber breitschlagen lassen. Am Anfang war die Aufgabe eine richtige Ochsentour. Der Verein lag wirtschaftlich und sportlich mit dem Abstieg 1999 aus der Bundesliga am Boden. Der Bau des neuen Stadions war der Schlüssel für eine Entwicklung in die Zukunft.
Ausbildung und Weiterbildung haben Sie in ihrer Branche als wichtiges Thema ausgegeben. Ist die Borussia für Sie der klassische Ausbildungsverein?
Königs: Unsere Konzeption war von Beginn an zur Fohlenphilosophie zurückzukehren. Damit ist gemeint, den Nachwuchs auszubilden. Wir hatten noch 2004 nur einen einzigen Jugendnationalspieler im Club. Heute sind es 18 Nationalspieler in der Jugend. Wir haben das Jugendinternat aufgebaut. Seit Jahren erhalten wir die höchsten Auszeichnungen von der DFL für dieses Zentrum. Die Jugend erhält jetzt den FohlenCampus, der kurz vor der Fertigstellung ist — mit einem ganz familiären Charakter.
Sowohl in ihrem Beruf wie bei Borussia handeln sie sehr beharrlich und konsequent.
Königs: Als ich damals gesagt habe, ich mache das, hieß das für mich — ich mache das ganz.
Ist der Präsident Rolf Königs auch noch weitere zehn Jahre im Amt?
Königs: Ich will das jetzt nicht an den Jahren festmachen. Wir arbeiten hier im Team. Die Fluktuation in der Führungsmannschaft ist gleich null. Das ist eine Stärke bei uns.
Wie schwer fiel es Ihnen als Unternehmer erkennen zu müssen, dass im Fußball Bilanzen weniger nach Zahlen, denn nach Punkten und Emotionen bemessen werden?
Königs: Das musste ich in der Tat lernen. Nach 90 Minuten ist Schluss, und das Ergebnis zählt unwiderruflich. Aber mit jedem Schluss den man hat, eröffnet sich auch wieder eine neue Chance. Wenn man da gut mit umgeht, dann kann man Entscheidendes schaffen. Wir haben unsere Ziele nie aus den Augen verloren. Langfristig ist ja nicht unbedingt nachhaltig, aber nachhaltig ist langfristig. Das ist unsere Formel. Danach arbeiten wir.
Wie wichtig ist Ihnen dann Tradition?
Königs: Sehr. Ein schönes Beispiel ist der Umzug in den Borussia-Park. Die große Frage, die uns damals bewegte war, wie schaffen wir es, den Mythos Bökelberg ins neue Stadion zu transportieren. Wir sind mit 6000 Fans umgezogen. Jetzt hab ich das Wort gesagt: umgezogen. Wir wollten es aber schaffen, nicht umzuziehen sondern einzuziehen. Das ist uns offensichtlich gut gelungen. Dass die Fans, als sie hier ankamen, eingezogen und nicht umgezogen sind. Wer die Vergangenheit kennt, kann auch die Zukunft gut gestalten.
Für diese Tradition im Club stehen auch Namen großer Spieler vergangener Tage.
Königs: Wir haben von Anfang an Wert darauf gelegt, dass die ehemaligen Spieler hier jederzeit willkommen sind, mit zur Borussen-Familie gehören.
In den 90er Jahren war diese Bindung aber verschüttet.
Königs: Das ist richtig. Ich bin froh, dass wir das geändert haben.
Dennoch konnten Ihnen die öffentlich ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten wie seinerzeit zwischen Günter Netzer und Rainer Bonhof wie auch zwischen Berti Vogts und Max Eberl nicht gefallen.
Königs: Ja, aber diese Dinge sind beigelegt. Wenn andere sich aufregen, werden wir immer ruhiger und besonnener. Das ist unsere Gangart.
Im vergangenen Jahr haben Sie das beste wirtschaftliche Ergebnis der Vereinsgeschichte mit einem Umsatz von 122 Millionen Euro verkündet. Zu Jahresbeginn haben Sie gesagt, wir haben noch viel vor. Was konkret?
Königs: Wir sind dabei den Borussia-Park weiterzuentwickeln. Wir haben das gut geplant. Unsere Strategie der Investitionen folgt einer klaren Prämisse. Zuerst kommt der Sport, dann die Mitglieder und Fans. Wir haben um den Borussia-Park herum Grundstücke gekauft, damit wir hier expandieren können. Der nächste große Schritt wird der Bau eines Borussen-Museums, eines großen Fanshops, eines medizinischen Zentrums sein.
Entwickelt sich somit der Fußballclub Borussia zum Fußballkonzern?
Königs: Überhaupt nicht. Konzern ist für mich im Zusammenhang mit Fußball ein schlimmes Wort. Wir sind ein mittelständisches Familienunternehmen. Wir sind der Mitgliederverein. Wir hatten um die Jahrtausendwende 6000 Mitglieder. Heute sind es über 61000. Wir sind erst kürzlich als familien-freundlichster Fussballclub Deutschlands ausgezeichnet worden.
Wofür steht die Marke Borussia zukünftig?
Königs: Sportlich ist ein einstelliger Tabellenplatz die Maxime. Das wollen wir stabilisieren. Wenn wir uns in Zukunft unter den ersten Sechs etablieren, wäre das eine fantastische Sache. Wir können uns keine Spieler für 30 Millionen Euro leisten. Der eigene Nachwuchs ist unser Pfund. Wir sind eine kleine Stadt mit 255 000 Einwohnern. Wir haben hier begrenzte Möglichkeiten. Was wir aber aus unserem Potenzial herausholen, ist schon enorm.
In Ihrer Präsidentschaft lief nicht immer alles so reibungslos wie momentan. War der Abstieg 2007 der schmerzlichste Einschnitt?
Königs: Das war schon schwierig zu verdauen. Natürlich hat uns auch der Versuch einer feindlichen Übernahme gestört.
Sie sprechen die Opposition an, die mit Frontmann Stefan Effenberg Sie im Frühjahr 2011 aus dem Amt jagen wollte.
Königs: Viele waren damals überrascht, wie wir damit umgegangen sind. Dass wir uns das so haben gefallen lassen. Ich habe immer gesagt, wir werden uns nicht revanchieren, wir werden uns nicht in dem gleichen Ton, mit der gleichen Polemik zu Wort melden. Unsere Mitglieder erkennen ganz genau, was dahinter steckt. So ist es gekommen.
Glauben sie denn, wenn die Rettung im Abstiegskampf in letzter Minute nicht geklappt hätte, dass die Strategie tatsächlich aufgegangen wäre.
Königs: Davon bin ich überzeugt. Unsere Mitglieder hatten das Gespür dafür.