Lucien Favre: Der Großmeister der Zurückhaltung

Mönchengladbachs Trainer Lucien Favre gilt seiner Mannschaft als Guru. Sein Vorbild ist Josep Guardiola vom FC Barcelona.

Mönchengladbach. Eine halbe Stunde. Mehr geht nicht. Dann steht schon der nächste Termin auf dem Programm, ein Gespräch mit dem Präsidium des Fußball-Bundesligisten Borussia Mönchengladbach. „Vertragsverlängerung?“ Lucien Favre lacht. „Nein.“ Was auch immer zu besprechen ist, Lucien Favre sagt es nicht.

Der Erfolgstrainer ist ein freundlicher Mensch. Immer. Man muss Schweizer eigentlich mögen. „Wir dürfen in Mönchengladbach nie vergessen, wo wir vor acht Monaten waren. Es ist die gleiche Mannschaft.“ Auch schon einmal gehört, Favre wiederholt den Satz ebenso oft wie den, dass sie in Mönchengladbach „nur von Spiel zu Spiel denken“. Und dass sich daran in seiner Amtszeit niemals etwas ändern wird. Seinen Fans hat er zuletzt geraten, „endlich mit dem träumen“ aufzuhören. Der Mann steht auf Platz drei der Tabelle, aber Prognosen sind nicht zu haben von ihm. Auch seine Gefühle werden nur in Grenzen öffentlich. „Ich trinke gerne ein Glas Rotwein“, sagt er leise. Und mit seiner Frau geht er ins Kino in Brüssel, Französisch sprechen, das sind seine kleinen Fluchten, wenn der Stress zu groß wird.

Und jeden Tag wird experimentiert. „Viele Gegner kennen uns sehr gut. Man muss etwas ändern. Jeden Tag“, sagt Favre. Ende der Woche spielen sie bei Bayer Leverkusen. Nur darauf sind sie konzentriert. Nicht auf die Bayern im Pokal oder auf Hoffenheim. Nur auf Leverkusen. Das ist die Kunst. „Ein Schlüsselspiel?“, fragt Moderator Jürgen Bergener auf dem Kongress des Verbandes Westdeutscher Sportjournalisten im BorussiaPark. „Jedes Spiel ist ein Schlüsselspiel“, sagt Favre.

Die Gerüchte über Favre und die Bayern reißen nicht ab. „Februar, März, April, das sind die Gerüchtemonate, das interessiert mich nicht.“ Ein Schock sei es gewesen, als Marco Reus und Roman Neustädter ihm gesagt hätten, dass sie Borussia verlassen. „Das hat zwei Tage gedauert, dann war es akzeptiert. Spieler, die gehen, müssen ersetzt werden.“ Mehr sagt Favre nicht.

Als sie den Abstieg verhinderten, sei das fast wie ein Titelgewinn gewesen. Pure Euphorie. Im BorussiaPark gilt er seitdem als Guru. „Technik in Bewegung“, das ist es, was immer zu verbessern ist. Josep Guardiola ist sein Vorbild. In Barcelona hat er hospitiert, „es braucht Jahre, um im Fußball das zu sein, was Barcelona ist“. Favre schaut fast träumerisch. Und ist schon auf dem Weg zum nächsten Termin.