Sportwelt zeigt Verständnis Debatte über Druck im Profi-Fußball entbrannt

Mönchengladbach · Das Aus von Gladbachs ehemaligem Sportchef Max Eberl wird heiß diskutiert. Borussias Vize-Präsident Bonhof weist den Vorwurf der Herzlosigkeit zurück.

Unter Tränen hatte Max Eberl in der vergangenen Woche seinen Rückzug aus dem Fußball-Geschäft erklärt. Er verlässt Borussia Mönchengladbach in einer schwierigen Phase.

Foto: dpa/Christian Verheyen

. Die dramatischen Worte von Max Eberl zu den Gründen seines Rücktritts als Sportchef bei Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach hallten auch am Wochenende nach. Längst ist eine Debatte über Druck und den Umgang mit Menschen im Profi-Fußball entbrannt. Lauter wurde dabei auch Kritik an der Vereinsführung der Borussia um Präsident Rolf Königs (80). Den Vorwurf der Empathielosigkeit wies Gladbachs Vize-Präsident Rainer Bonhof am Sonntag indes entschieden zurück.

Demnach habe Eberl zwar bereits im Oktober angedeutet, sich nach 13 Jahren als Sportchef gerne zurückziehen zu wollen. Dass er sich dem Druck aber nicht gewachsen fühle und keine Kraft mehr habe, habe er der Führung erst am Donnerstag offenbart. „Für uns war das dann eine Überraschung des Härtegrades“, sagte Bonhof in der TV-Sendung Sport1-„Doppelpass“: „Da haben wir dann gesagt, wir müssen das ernst nehmen.“

Insbesondere über Königs‘ Auftritt am Freitag, als Eberl unter Tränen sein Aus bei der Borussia nach fast einem Vierteljahrhundert als Spieler, Nachwuchskoordinator und Sport-Geschäftsführer begründet hatte, hatte es zuvor Unverständnis gegeben. „Eigentlich hat so ein Mann in solch einer Führungsposition nichts zu suchen, wenn er so mit dem Thema umgeht“, schimpfte der frühere Borussen-Profi Stefan Effenberg und bezeichnete die Königs-Aussagen als „katastrophal“.

Eberl hatte bemerkenswert offen über seine Nöte gesprochen. „Ich habe keine Kraft mehr, diesen Job so auszuüben, wie es der Verein benötigt“, hatte der 48-Jährige ausgeführt. „Ich will einfach raus, ich will einfach mit diesem Fußball gerade nichts zu tun haben. Ich will Spaß haben. Ich will Max Eberl sein.“ Königs hatte nüchtern und scheinbar empathielos gewirkt. „Wir haben das respektiert, nicht akzeptiert“, hatte der 80-Jährige gesagt und hinzugefügt: „Als er uns im Oktober letzten Jahres zum ersten Mal angesprochen hat, waren wir erschrocken. Was der will. Dass er aussteigen will.“

Eberl selbst hatte jedoch eingeräumt, dass der Verein von seinem Zustand keine Kenntnis haben konnte, da er sich lange nicht entsprechend offenbart hatte. Bonhof befand zu Königs zudem: „Im internen Kreis waren seine Worte bezüglich Max Eberl völlig anders.“ 

Gleichwohl gab auch Bonhof zu Bedenken, dass die auch sportlich in Schieflage geratene Borussia nun angesichts der Suche nach einem neuen Sportdirektor nun ein weiteres, ernsthaftes Problem habe. „Es wäre auch die Möglichkeit gewesen von ihm, zu mir zu kommen oder zu wem anders im Verein und uns sein Herz zu öffnen und zu sagen, das ist so“, sagte Bonhof. „Jetzt sind wir in der Situation und versuchen, mit dem Gerüst Borussia Mönchengladbach, das stabil ist, die Saison zu Ende zu bringen.“

Aus der Branche kamen auch sogleich Stimmen, die nicht mit einer langfristigen Abwesenheit Eberls rechnen. „Ich glaube, dass er die Tanks vollmachen will, dann wird er auch wieder zurückkommen“, sagte etwa Eintracht Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann am Sonntag. 

Hellmann merkte an, dass „auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen Drucksituationen“ zu beobachten seien, aber: „Im Fußball wird die Erwartungshaltung immer auf einzelne projiziert.“

Deshalb erwartet der ehemalige Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), Andreas Rettig, eine Abkehr von der „One-Man-Show“ im sportlichen Bereich der Clubs. „Die Verantwortung wird in vielen Vereinen auf mehrere Entscheider verteilt. Bei den Spielern gibt es die sogenannte Belastungssteuerung, in dem Bereich müssen wir auch bei Verantwortlichen umdenken“, sagte der Geschäftsführer des Drittligisten Viktoria Köln.

Der Sportpsychiater Valentin Markser appellierte, seine Berufskollegen viel stärker im Profi-Fußball einzubinden. Stattdessen kämen dort vor allem bislang Sportpsychologen, Sportmediziner oder Physiotherapeuten zum Einsatz. Nur seien Sportpsychologen hauptsächlich mit Wettkampfvorbereitung und mentalem Training beschäftigt. „Für die seelische Gesundheit sind sie nicht ausgebildet“, sagte der frühere Profi-Handballer Markser. Das seien nur Sportpsychiater.

Auch Trainer wie Ottmar Hitzfeld und Ralf Rangnick oder Spieler wie Per Mertesacker und Sebastian Deisler hatten in den vergangenen Jahren über die enormen Belastungen im Fußball berichtet.

Für den Sportpsychologen Werner Mickler von der Deutschen Sporthochschule Köln könnte Eberls Schritt Vorbildcharakter auch für andere Branchen haben. „Wir haben es in der Politik. Wir haben es in allen Bereichen, und zwar immer dann, wenn die Anforderungen einfach zu groß werden“, sagte Mickler. Symptome für berufliche Überforderung könnten dauerhafte Müdigkeit, Schlaflosigkeit und Konzentrationsmangel sein.