WM-Finale: Deutschland litt und feierte mit Christoph Kramer
Der Borusse rückte völlig unerwartet in die Startelf und musste in der 31. Minute verletzt ausgewechselt werden. Am Tag danach gab es viel Lob für den Weltmeister.
Mönchengladbach. Jupp Heynckes, Berti Vogts, Rainer Bonhof, Wolfgang Kleff und „Hacki“ Wimmer — so heißen die bisherigen Weltmeister von Borussia Mönchengladbach. Sie waren Teil der Weltmeister-Elf von 1974. Mit dem Triumph der deutschen Elf am Sonntag ist ein sechster Spieler der Fohlen in den Kreis dieser Legenden gerückt. Selbstverständlich ist die Rede von Christoph Kramer.
Für kaum einen deutschen Kicker war das WM-Finale gegen Argentinien ein solches Wechselbad der Gefühle. Überraschend rückte der 23-jährige Mittelfeldspieler kurz vor dem Anpfiff in die Startelf, da sich Sami Khedira beim Aufwärmen verletzt hatte. Kurz vor dem Einlaufen ins Maracanã wirkte Kramer überrumpelt. Einem Roboter gleich bewegte er sich durch den Spielertunnel.
Auf dem Platz fügte er sich nahtlos in die Mannschaft ein und spielte, als wäre es sein 50. Länderspiel und nicht das Fünfte. In der 31. Minute folgte der Schock. Kramer musste mit einer Gehirnerschütterung den Platz verlassen. Kaum zwei Stunden später war er bei den Feierlichkeiten mittendrin und streckte den Pokal in den Nachthimmel von Rio.
In Kramers Heimatstadt Solingen litten die Fans besonders mit ihrem WM-Fahrer. „Ich hatte Gänsehaut, wie schon bei den letzten Spielen, als er eingewechselt wurde“, sagt Frank Müller, Vorsitzender von Kramers erstem Verein, dem BV Gräfrath. Dort spielte er von 1996 bis 1999. Vor der WM hat niemand beim BV geglaubt, dass ihr Christoph in den WM-Kader berufen wird. Eigentlich sollte Kramer vor zwei Wochen die Preisübergabe bei einem Jugendturnier übernehmen. „Als er plötzlich nominiert wurde, haben ihn dann doch nach Brasilien fliegen lassen“, sagt Müller lachend.
Auch im Netz wurde Kramers Einsatz mit vielen überschwänglichen Tweets und Posts gewürdigt. Max Jogwich twitterte: „Hätte ihm zwar noch mehr Spielzeit gegönnt, aber ganz ehrlich: Wer hätte am Anfang des Jahres geglaubt, dass Christoph dieses Jahr Weltmeister wird.“ Ein anderer User gab eine kreative Idee nach Kramers scherzhaftem Zusammenprall mit Ezequiel Garay zum Besten: „Ich fänds gut, wenn Kramer mit einem riesigen Schaumstoff-Sombrero zurückkommt.
Kurz nach dem Abpfiff fiel auch der Internetgemeinde Kramers Ungläubigkeit auf. „Ich kann die nächste Woche nicht abwarten, wenn Christoph Kramer realisieren wird, dass Deutschland Weltmeister ist“, lautete ein Post auf Facebook. Unvergessen wird wohl Kramers gemeinsames Interview nach dem Spiel mit Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger bleiben. Während Poldi die Fans aufforderte „Köln abzureißen“, grüßte Kramer seine Oma. Sogar eine Userin aus den USA twitterte zu diesem emotionalen Moment: „Es war so schön, dass du an deine Großmutter gedacht hast.“