50+1-Regel auf dem Prüfstand: Schiedsgericht tagt
Frankfurt/Main (dpa) - Showdown im Streit um die 50+1-Regel: Mit der Verhandlung vor dem Lizenzliga-Schiedsgericht geht der Kampf von Hannover 96 um die Öffnung der Bundesligavereine für Investoren in die entscheidende Runde.
Unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Udo Steiner muss das dreiköpfige Gremium am Montag darüber befinden, ob in Deutschland künftig millionenschwere Scheichs oder Ölmagnaten die Mehrheitsanteile bei den Proficlubs erwerben dürfen.
„Es handelt sich um eine grundlegende Entscheidung, die den Charakter der Bundesliga verändern wird, wenn die bisherige Regelung aufgehoben wird“, sagte Liga-Präsident Reinhard Rauball in einem Interview der Zeitung „Die Welt“. Der Ligaverband setzt sich im Interesse von 35 Bundesligaclubs für den Status quo ein, wonach die Vereine 50 Prozent plus eine Stimme ihrer Anteile besitzen müssen.
Dies verhindert die Übernahme eines Bundesligisten durch einen Investor, was Hannovers Vorstandsboss Martin Kind ein Dorn im Auge ist. Seit drei Jahren kämpft er um die Abschaffung der Regel, die seiner Ansicht nach gegen EU-Recht verstößt. Der „Don Quijote“ der Bundesliga will notfalls durch alle Instanzen gehen, würde aber auch ein Konsensmodell akzeptieren, das die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt.
„Ein Modell könnte sein, dass man Einzelfälle prüft. Oder dass man klare Zulassungsmodalitäten definiert. Dass man viel Entscheidungskompetenz der DFL zuordnet. Ich jedenfalls bin offen für jeden Kompromiss, der im Wesentlichen vertretbar ist“, kündigte Kind zu Wochenbeginn in einem „Kicker“-Interview an.
Unterstützung erhält Kind durch Dietmar Hopp. „Meine Einschätzung ist, dass europäisches Recht irgendwann mal dazu führen wird, dass in Deutschland das 50 plus 1 nicht bestehenbleibt“, sagte der Mäzen des Bundesligisten 1899 Hoffenheim. Hopp war Anfang des Jahres ins Visier der Deutschen Fußball Liga (DFL) geraten, weil diese eine aktive Rolle des 1899-Gönners beim 15-Millionen-Transfer von Luiz Gustavo zu Bayern München vermutete. Ein Regelverstoß bestätigte sich aber nicht.
Nach Ansicht von Rauball würde eine Aufhebung der Regel einschneidende Konsequenzen nach sich ziehen. „Das hätte eine Auswirkung wie zuvor nur das Bosman-Urteil. Wir haben mit der Bundesliga eine Institution, die Jahr für Jahr Rekorde schreibt und eine Beliebtheit hat wie nie zuvor. Einen großen Teil ihrer Stabilität und Popularität zieht sie daraus, dass die 50+1-Regel sie vor Wettbewerbsverzerrung schützt“, mahnte Rauball.
Zudem habe sich die Regel bewährt, zuletzt beim Zweitligisten 1860 München, wo der Jordanier Hasan Ismaik für 18 Millionen Euro 49 Prozent der Stimmen erwarb und die „Löwen“ damit vor der drohenden Insolvenz rettete. „Da hat sich gezeigt, dass ein Investor aus Nahost bereit war, Geld zu investieren, ohne die Mehrheit zu übernehmen“, sagte Rauball.