Allofs' hohe Ziele in Wolfsburg
Belek/Türkei (dpa) - Elf Mal war Klaus Allofs in den vergangenen Jahren mit Werder Bremen im Trainingslager an der türkischen Küste. In diesem Januar flog der 56-Jährige zum ersten Mal als Sportchef des VfL Wolfsburg nach Belek.
Im luxuriösen Mannschaftshotel der „Wölfe“, in dem zur gleichen Zeit auch der RSC Anderlecht und Galatasaray Istanbul wohnen, sprach Allofs in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa über seine hohen Ziele mit seinem neuen Verein, über Dieter Hecking, Bernd Schuster und Thomas Schaaf.
Ihr Ex-Verein Werder Bremen wohnt hier in Belek nur ein paar Kilometer den Strand hinunter. Haben Sie sich aus alter Gewohnheit schon mit Thomas Schaaf auf ein Bier oder einen Tee getroffen?
Allofs: „Nein. Aber nicht, weil wir uns nicht mehr verstehen, sondern weil wir beide nur zu gut wissen, wie dicht gedrängt der Terminkalender in einem Trainingslager ist. Für so etwas bleibt einfach nicht die Zeit. Ich habe Werder beim Spiel gegen Trabzonspor und beim Spiel gegen uns gesehen, da haben wir jeweils miteinander gesprochen. Aber wir werden uns in Zukunft ganz sicher wieder treffen, und dann wird es auch nicht um die Konkurrenzsituation in der Bundesliga gehen. Ab jetzt wird unsere Freundschaft wieder stärker in den Vordergrund treten, die wurde in Bremen ja manchmal auch von dem täglichen professionellen Umgang überlagert.“
Bei Bernd Schuster und Ihnen dürfte das nicht mehr ganz so leicht werden mit einer Freundschaft. Der hat Ihnen zuletzt nach der Trainer-Entscheidung gegen ihn und für Dieter Hecking ein falsches Spiel vorgeworfen. Haben Sie mit ihm noch einmal gesprochen?
Allofs: „Nachdem ich ihm erklärt habe, dass es nichts wird mit seiner Verpflichtung, habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen. Ich denke auch nicht, dass das nötig ist, denn wir haben die Sache sauber abgehandelt. Wir sind auf der Suche nach einem Trainer gewesen, Bernd Schuster war ein heißer Kandidat, aber dass man nicht nur eine Option haben kann, das weiß jeder in diesem Geschäft.“
Sie haben stattdessen Dieter Hecking geholt und damit gezeigt, dass sich die Strategie in Wolfsburg schon spürbar verändert hat, seit Sie dafür verantwortlich sind. Sie haben sich bei der Trainersuche nicht einfach für den größten Namen entschieden und statt sechs, sieben neuer Spieler bislang nur eine gezielte Verstärkung in Ivan Perisic geholt. Müssen Bayern München oder Borussia Dortmund jetzt Angst bekommen, weil der VfL sein Geld auf einmal planvoll einsetzt?
Allofs: „Das hoffe ich doch. Was die Trainerfrage angeht, haben wir mit Dieter Hecking genau das hinbekommen, was zum VfL passt und erfolgversprechend ist. Das zeigen die ersten Tage im Trainingslager schon ganz deutlich. Jetzt arbeiten wir Schritt für Schritt daran, die Mannschaft zu verbessern - und zwar nicht nur durch neue Spieler, sondern auch dadurch, dass wir das Potenzial, das ohnehin schon in diesem Kader steckt, wieder herausholen. Ich glaube, dass Wolfsburg eine gute Adresse ist - und in Zukunft eine noch bessere werden wird.“
Ganz konkret: Was ist mit dem VfL und dem Geld von VW langfristig möglich? Wo wollen Sie hin mit Ihrem neuen Verein?
Allofs: „Das ist noch ein bisschen früh. In anderen Bereichen gibt man neuen Leuten 100 Tage - und die sind noch nicht vorbei. Aber ich bin hier nicht hergekommen, um dauerhaft im Mittelfeld zu spielen. Mittelfristig wollen wir schon wieder in den internationalen Wettbewerb. Nur soll das nicht in einer einmaligen Aktion passieren, sondern dauerhaft auf stabilen Füßen stehen. Wir haben ja schon einige Punkte genannt, in welche Richtung sich der VfL zukünftig entwickeln soll: Dabei geht es um Kontinuität in Personalfragen und steigende Sympathiewerte für den Verein. Dass das auch immer ganz unmittelbar mit dem sportlichen Erfolg zusammenhängt, ist uns klar.“
Haben die Wechsel von Ihnen und Dieter Hecking dem Image des VfL nicht wieder geschadet? Der Verein wirbt mitten in der Saison einen Sportdirektor, einen Trainer und deren komplettes Insiderwissen von anderen Vereinen ab und löst damit auch eine Debatte aus, ob so etwas in der Bundesliga nicht verboten werden sollte.
Allofs: „Ich weiß, in anderen Ländern gibt es eine solche Regelung. Aber was meinen Wechsel angeht, halte ich diese Diskussion für völlig unangebracht. Ein Wechsel unmittelbar vor einer Saison ist doch viel unpassender, weil dann die Hauptarbeit in der Regel schon gemacht ist und für den neuen Manager kaum noch Spielraum bleibt. Bei Dieter Hecking haben wir uns einfach im Rahmen der vertraglichen Gegebenheiten bewegt - sauberer geht es nicht. Hätte es diese Ausstiegsklausel in seinem Vertrag beim 1. FC Nürnberg nicht gegeben, hätten wir auch noch nicht einmal bei ihm angefragt.“
Gibt es Ähnlichkeiten zwischen Dieter Hecking und Thomas Schaaf? Und wenn ja: Haben Sie Hecking genau deshalb nach Wolfsburg geholt?
Allofs: „Es ist noch zu früh, das so zu sagen. Wir haben ja noch kein einziges Pflichtspiel zusammen bestritten. Aber in der Arbeitsweise gibt es schon einige Parallelen zwischen den beiden.“
Auch Spielmacher Diego kennen Sie noch gut aus Bremen. Unter Felix Magath sollte er noch verkauft werden, jetzt sehen Dieter Hecking und Sie ihn als zentrale Figur. Was sagen Sie zu seiner Situation?
Allofs: „Ich weiß aus meiner Bremer Zeit genau, wie professionell Diego ist. Und genauso verhält er sich hier auch. Für ihn ist es gut, dass er jetzt weiß, wo er hingehört: Beim VfL Wolfsburg hat er einen Vertrag, hier wird er gefördert, hier wird seine Art und Weise, zu spielen, jetzt gewürdigt. Natürlich weiß ich auch, dass es zwischen ihm und dem Verein in der Vergangenheit nicht immer gepasst hat und dass man sich in einer Karriere auch nicht zu viele Turbulenzen erlauben sollte. Aber diese Situation haben wir jetzt nicht mehr, da sind sich der Trainer und ich einig. Deshalb bin ich auch sicher, dass Diego in Zukunft noch viel Gutes für uns tun wird.“