Augsburger Jentzsch steht vor dem Karriereende
Augsburg (dpa) - Für viele schien die Karriere von Simon Jentzsch schon im Herbst 2007 am Ende. Von einem auf den nächsten Tag schmiss Felix Magath den damals aufstrebenden Keeper beim VfL Wolfsburg raus, monatelang suchte Jentzsch vergeblich nach einem neuen Job.
Jetzt, fünfeinhalb Jahre später, kann aber wohl nur ein medizinisches Wunder die Fußballerlaufbahn des Torwart-Dinos noch retten: Seit langem quälen den Keeper vom FC Augsburg chronische Probleme am gebrochenen rechten Ringfinger - und Besserung ist nicht mehr in Sicht.
„Die Gedanken ans Karriereende sind da, auch wenn ich noch keine finale Entscheidung getroffen habe“, sagte der verletzungsgeplagte Routinier des FC Augsburg am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. „Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass auf einmal wieder alles besser wird und ich irgendwo noch einen Vierjahresvertrag kriege.“
Momentan sondiert der 36-Jährige deshalb seine Optionen für die Zeit nach dem 30. Juni, wenn der Vertrag beim Schwaben-Bundesligisten ausläuft. Vieles sei möglich, alles denkbar. „Ich will mir Zeit geben und nichts überstürzen.“ Offen ist der Abiturient auch für eine Zukunft außerhalb des Fußballs - oder eben branchenintern, wenn es passt. Gespräche über einen Posten als Nachwuchstrainer oder Funktionär habe es mit den FCA-Chefs bislang aber nicht gegeben.
Klar ist, dass Jentzsch' Finger dem Kraftpaket wohl für den Rest des Lebens Probleme bereiten wird - nicht nur beim Fußball, auch im Alltag. Im Herbst 2011 erlitt Jentzsch die folgenschwere Fraktur, seitdem hat er mehrmals über Monate aussetzen müssen, wenn der Finger im Training oder bei Freundschaftsspiele zu viel abbekommen hatte. Den jüngsten Rückschlag gab's in einem Test vergangene Woche gegen den Zweitligisten VfR Aalen (3:1), als der 1,96-Meter-Mann eines seiner vielen Comebacks auf dem Platz angehen wollte.
„Der Finger hat in dem Spiel wieder Probleme gemacht, jetzt muss ich wieder aussetzen“, berichtete Jentzsch. „Das Risiko, sich erneut zu verletzen, ist bei meinem Finger eben immer da, weil der Bruch sehr kompliziert ist“, berichtete er.
So könnte das Augsburger 1:3 gegen Doublesieger Borussia Dortmund aus dem November gar der letzte von 274 Bundesligaauftritten für Jentzsch gewesen sein. Im Team ist der einstige Leistungsträger inzwischen hinter Alexander Manninger und Mohamed Amsif nur noch die Nummer drei. Er trainiert normalerweise zwar mit, hält sich aber in kritischen Situationen weitgehend zurück. Und er sitzt in der Bundesliga meist nur auf der Ersatzbank, wenn Manninger oder Amsif ausfallen. Denn ob Jentzsch seinem Team im Ernstfall wirklich noch mit spektakulären Paraden Punkte retten könnte, weiß keiner.
Wo er die Kraft hernimmt, warum er nicht gleich Schluss macht? Das hat auch etwas mit seiner Leidenserfahrung zu tun. In Wolfsburg hatte Magath damals nämlich unerwartet kurzen Prozess mit ihm gemacht, Jentzsch in einem Spiel gegen Frankfurt wegen eines Fehlgriffs zur Halbzeit ausgetauscht und prompt für immer aus dem Team verbannt.
„Plötzlich war ich raus und musste mir Gedanken machen, wie es nach der Karriere weitergeht“, sagt er. Ausgeräumt wurde der Clinch mit dem damaligen Trainer auch später nicht. „Es gab nie ein Gespräch mit Felix Magath. Was aber nichts Neues für mich war: Ich hatte ja selbst während meiner Zeit in Wolfsburg kaum Kontakt zu ihm.“