Aussortierter Ulreich beim VfB wieder der Held

Bremen (dpa) - Auch als die Uhr die letzte Spielminute anzeigte, behielt Sven Ulreich die Nerven. Der Keeper des VfB Stuttgart wartete den entscheidenden Bruchteil einer Sekunde, warf sich gekonnt in den Ball von Sandro Wagner und vereitelte damit auch die letzte von vielen Bremer Chancen.

„Ein bisschen zu viele“, wie der Torhüter später monierte. Ulreich rettete den Stuttgartern den glücklichen wie wichtigen Zähler beim 1:1 (1:1) in Bremen fast im Alleingang.

Ende Februar aussortiert, seitdem ein Punkte-Garant im Kampf um den Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga: Ulreich ist für den VfB Stuttgart seit Wochen der wichtigste Mann. Der 22-jährige Keeper, den Trainer Bruno Labbadia unfreiwillig von der Bank zurückholen musste, trieb auch die Angreifer von Werder Bremen zur Verzweiflung und durfte später zu seiner Schlussparade sagen: „Es ist geil, einen solchen Ball zu halten.“ Dank Ulreich blieb es beim Remis durch Tore von Tamás Hajnal (13.) zum 0:1 und Torsten Frings (34.).

Die Lobeshymnen nahm der junge Mann so gelassen entgegen wie er zuvor auf dem Rasen des ausverkauften Weserstadions gewirkt hatte. „Ich weiß, dass es im Fußball sehr schnell gehen kann“, kommentierte der Keeper: „Ich habe das selber erlebt.“

Wie wahr - nachdem Labbadia ihn aussortiert und auf die Bank gesetzt hatte, kam er nur durch die Gehirnerschütterung von Marc Ziegler im Europa-League-Spiel gegen Benfica Lissabon wieder auf seinen Lieblingsplatz zwischen den Pfosten zurück. Seitdem hält er grandios, rettete dem abstiegsgefährdeten VfB mehrfach Punkte. „Vielleicht liegt es an der Leck-mich-am-Arsch-Einstellung“, sagte der VfB-Keeper zu seiner Leistungssteigerung. Den Einfluss einer Psychologin, mit der er seit Jahren zusammenarbeitet, und den Zuspruch seines Vorgängers Jens Lehmann erwähnte er außerdem.

Ein Glücksfall ist das auch für Labbadia, dessen Team vor allem dank Ulreich seit fünf Spielen ungeschlagen ist. „Er hat einen Riesen-Rucksack abgelegt“, sagte der VfB-Coach, der eher durch Zufall einen Klassekeeper gewonnen hat. „Wo er draußen war, hatte er nichts mehr zu verlieren“, erklärte der Trainer seine Sicht der Dinge: „Er war danach irgendwie gelöster.“ Dank seines Keepers, den er vor Wochen nicht mehr als Nummer eins wollte, darf nun auch der VfB-Coach gelöster auftreten. „Den hat er sensationell rausgeholt“, lobte Labbadida seinen Schlussmann für die Aktion in der Schlussphase.

Ulreichs Paraden und Serdar Tascis zweimalige Rettung auf der Torlinie konnten die Schwächen des Stuttgarter Spiels indes nicht überdecken. Trotz des ordentlichen Beginns und der frühen VfB-Führung wirbelten die Bremer die Stuttgarter Defensive anschließend ordentlich durcheinander. „Ulle hält uns immer wieder im Spiel“, sagte Tasci angesichts der Bremer Dominanz und Chancen.

Dabei gelang den Gastgebern auch längst nicht alles. Die Bremer sind weiterhin noch einiges von der Form der zurückliegenden Jahre entfernt. Ohne den gesperrten und zudem verletzten Claudio Pizarro fehlte Werder die Klasse und die Kaltschnäuzigkeit, um Ulreich ein zweites Mal zu überwinden.