Bayer-Coach Schmidt will das Spektakel

Leverkusen (dpa) - Langeweile auf dem Fußballplatz ist nichts für Roger Schmidt. „Ich liebe solche Spiele, insbesondere wenn wir sie gewinnen“, schwärmte der Chefcoach von Bayer Leverkusen nach der tollen 4:3-Aufholjagd gegen den VfB Stuttgart.

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„Mir ist es nicht egal, wie wir gewinnen, und tausendmal lieber, so 4:3 zu gewinnen, als sich hinten reinzustellen, irgendwann einen Konter zu machen und 1:0 zu gewinnen“, sagte Schmidt.

Binnen fünf Tagen war es bereits das zweite spannende Tor-Spektakel in der BayArena. Am Dienstag hatte die Werkself in der Champions League gegen den AS Rom einen 2:4-Rückstand noch in ein 4:4 gewandelt. „Ich bin vor anderthalb Jahren hier angetreten, um ein bisschen anders zu spielen. Und das sieht man jetzt“, sagte Schmidt, der den Bayer-Profis seitdem seine Offensiv-Spielphilosophie mit Gegenpressing, Balleroberung und Attacke eingebläut hat.

„Ich sehe, dass wir noch nicht perfekt sind“, befand der 48-Jährige, der in der Saison 2013/14 mit RB Salzburg österreichischer Meister wurde - mit 105 Toren in 33 Partien! Nach zehn Begegnungen in der aktuellen Spielzeit der deutschen Bundesliga stehen 12:12 Treffer zu Buche. Das offenbart, dass diese bedingungslose Offensiv-Variante momentan mit einer bedingten Abwehrbereitschaft verbunden ist.

„Wir haben in den ersten neun Spielen zu wenig Tore erzielt“, sagte Bayer-Sportchef Rudi Völler. „Jetzt haben wir in zwei Spielen sieben Tore kassiert. Das ist das Verrückte im Fußball. Mir ist es aber lieber, auch wenn man sich ein bisschen aufregen muss.“

Vor allem, wenn es zweimal gut für seinen Werksclub ausgeht. „Ich kann mich in den vielen Jahren nicht daran erinnern, in so kurzer Distanz zwei Spiele hintereinander so gedreht zu haben“, ergänzte Völler. „Die Zuschauer, die beim letzten und heutigen Heimspiel da waren, kommen bestimmt wieder.“ Ehrlich bekannte der Ex-Stürmer, dass er nach dem 1:3 nicht wirklich noch mit einem Sieg gerechnet hat: „Seit Dienstag muss man ja anders denken, da stand es 2:4. Aber es wäre zu kühn gewesen, zu sagen, man hat immer daran geglaubt.“

Für die mutigen Stuttgarter standen die Zeichen lange auf Erfolg. Martin Harnik (50.) und Daniel Didavi (54.) sorgten für die 2:0-Führung, die Karim Bellarabi (57.) auf 1:2 verkürzte. Lukas Rupp (60.) stellte den Stuttgarter Zwei-Tore-Vorsprung wieder her, der durch den Doppelschlag von Sebastian Boenisch (70.) und Javier „Chicharito“ Hernández (71.) zum 3:3 ausgeglichen wurde.

Erst kurz vor Ende war auch der mögliche Punktgewinn der Schwaben dahin, als Admir Mehmedi (89.) den Siegtreffer für Bayer schaffte. „Wir sind überglücklich, dass es auch in der Bundesliga mit dem Toreschießen geklappt hat“, betonte der Schweizer. „Dass es gleich vier Tore waren, ist Wahnsinn. Wir können es also.“

Dagegen haben die Schwaben einmal mehr ihr couragiertes Offensivspiel durch Patzer in der Defensive sabotiert. „Die Fans haben gedacht, sie sitzen im Kino und im gleichen Film“, schimpfte Alexander Zorniger. „Beim 3:1 und 3:2 habe ich gedacht, wir ziehen das noch durch. Das darf uns nicht passieren. Wenn wir 12 oder 14 Punkte hätten, würde ich sagen: Lerneffekt.“ Jetzt müsse es heißen: Wieder aufstehen und es in den nächsten Spielen im DFB-Pokal bei Carl Zeiss Jena und in der Liga besser machen. „In Jena wird es ekelhaft und gegen Darmstadt 98 wird es noch ekliger“, sagte Zorniger mit Blick auf das anstehende Programm in Pokal und Liga.