Bayern meistern Königsetappe beim BVB
Dortmund (dpa) - Weltmeister Thomas Müller schien bei allem Stolz nur bedingt erleichtert. Die vertane Chance, die Meisterschaft so gut wie perfekt zu machen, drückte dem Bayern-Profi nach dem hochklassigen, aber torlosen Gipfel in Dortmund ein wenig aufs Gemüt.
Bei der Frage nach der Ausgangslage neun Spieltage vor dem Saisonende legte er die Stirn in Falten: „Es bleibt spannend. Wir haben jetzt Druck in jeder Bundesligapartie.“ Ähnlich zwiespältig fiel das Fazit von Pep Guardiola aus. „Für uns ist nun jedes Spiel ein Finale. Der BVB kann neunmal in Folge gewinnen“, kommentierte der Münchner Coach voller Respekt vor dem hartnäckigen Verfolger.
Den unveränderten Fünf-Punkte-Abstand auf den BVB empfanden zwar alle Beteiligten als komfortabel, aber nicht als vollends beruhigend. Immerhin meisterten die Münchner die wohl größte Drucksituation auf nationaler Bühne seit langer Zeit mit bemerkenswerter Souveränität. Zum Leidwesen von Müller schlugen sie aus ihrem Chancenplus jedoch zu wenig Kapital: „Ich bin nicht der Typ, der mit einem 0:0 zufrieden ist. Dafür bin ich nicht hierhin gefahren. Ich hätte unsere Leistung gern belohnt gesehen.“
Mehr und mehr dämmert es allen Beteiligten, dass ihnen nach fast vierjähriger uneingeschränkter Alleinherrschaft wieder ein echter Konkurrent erwachsen ist. „Der Angriff von Dortmund ist nicht gestoppt, sondern abgeblockt“, warnte Matthias Sammer. Mit Bezug auf das 1:2 drei Tage zuvor gegen Mainz fügte der Münchner Sportvorstand an: „Wir sollten bescheiden bleiben. Wenn wir wieder in den Mainz-Modus fallen, wird es noch mal eng.“
Anders als beim 1:5 im Hinspiel Anfang Oktober beim FC Bayern leistete die Borussia in einem Gipfel der Extraklasse bis zum Schlusspfiff erbitterte Gegenwehr. Die Taktik von Tüftler Thomas Tuchel, der Münchner Angriffswucht mit einer Fünferkette zu begegnen, verhalf zu mehr Stabilität. Nicht zuletzt deshalb schien der BVB-Trainer mit der Punkteteilung zufrieden: „Ich habe es genossen, dieses Spiel zu coachen. Wir haben heute abgeliefert ohne Ende. Jeder hat uns angemerkt, dass wir gewinnen und sie herausfordern wollten.“
Noch erscheint sein Team jedoch nicht reif genug, um den Rekordmeister nachhaltig ins Wanken bringen. Das weiß auch Tuchel. „Was uns im Vergleich zu den Bayern fehlt, ist von allem ein bisschen“, antwortete er auf die Frage nach dem noch immer augenscheinlichen Leistungsunterschied zwischen den Teams. Gleichwohl wähnt sich der Klopp-Nachfolger auf gutem Weg, die Lücke zu schließen: „Seit unserer Niederlage in München haben wir zwei Punkte mehr geholt als die Bayern. Den Hunger und die Leidenschaft sollten wir uns bewahren und das Spiel nicht als Enttäuschung verbuchen.“
Bereits am Donnerstag ist sein Team erneut auf höchstem Niveau gefordert. Die starke Leistung macht Mut für das Achtelfinal-Hinspiel der Europa League gegen den englischen Spitzenclub Tottenham Hotspur. „Wir wären auch bei einem Zwei-Punkte-Abstand auf die Bayern weiter in der Bringschuld geblieben“, sagte Tuchel mit Blick auf die Duelle mit den Spurs und drei Tage später mit Bayern-Bezwinger Mainz.
Erhobenen Hauptes verließ der BVB-Coach nach einem Interview-Marathon das Stadion. Schließlich hatte sein Team dazu beigetragen, dass die Zuschauer auch ohne Tore auf ihre Kosten kamen. „Irres Tempo, unglaubliche Geschwindigkeit. Technisch sind beide Mannschaften überragend. Es ist das beste Spiel, das ich in dieser Saison gesehen habe“, schwärmte Bundestrainer Joachim Löw zur Halbzeit bei „Sky“. Ähnlich euphorisch fiel das Urteil von Bayern-Keeper Manuel Neuer aus: „Es war ein richtiges Spitzenspiel, sehr intensiv. Ein Spiel, mit dem man weltweit Werbung machen kann.“