Bayerns Zukunft ohne den Patron
Nach dem Urteil gegen Uli Hoeneß ist der Aufsichtsrat des Clubs gefragt. Oder aber Hoeneß selbst.
Düsseldorf. Der Club ist überlebensgroß. Der selbst ernannte „Stern des Südens“, so heißt es im Vereinslied des FC Bayern, wird „niemals untergehen“. Die Mannschaft gewinnt. Spiele, Titel, gilt als fast unschlagbar. Und dann steht da dieser Mann im Gericht und hört sein Urteil. Und die Häme. Der Mann, der den FC Bayern so groß gemacht hat, ist jetzt so klein, wie es zu diesem Verein nicht mehr passen mag. Nicht passen darf?
Das Urteil gegen Uli Hoeneß, den bayerischen Patrioten, den Patron oder auch den „Paten“ („Die Zeit“) des Clubs, zwingt den Verein, der ohne Hoeneß nicht können soll, zum Handeln. Die Gremien des Clubs und der Aktiengesellschaft, also Präsidium, Verwaltungsbeirat und Aufsichtsrat, haben sich am Donnerstag beraten. Was anderes sollte dabei herausgekommen sein als die Ablösung von Hoeneß als Aufsichtsratsvorsitzender der FC Bayern AG?
Das Szenario: Hoeneß tritt von sich aus oder nach Aufforderung zurück. Die Alternative: Die Mitglieder des Aufsichtsrats, allesamt Alphatiere der deutschen Wirtschaft, nehmen ob dessen Unbeugsamkeit den Hut. Um sich und ihre Unternehmen zu schützen, ob Audi, VW, adidas oder die Deutsche Telekom. Verpflichtet der Redlichkeit, vom Vorstand bis zum Mitarbeiter. In dieser mindestens verpflichtend moralischen Welt ist kein Platz mehr für Hoeneß.
Natürlich wollen die Hoeneß-Kritiker auch dessen Rücktritt vom Präsidenten-Amt. Aber darüber kann der Aufsichtsrat nicht bestimmen, das obliegt den Clubmitgliedern in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. Hoeneß hatte angekündigt, nach dem Prozess die „Vertrauensfrage“ zu stellen. Wahrscheinlich wird er auch darauf verzichten. Und gehen.
Was bleibt dem FC Bayern? Die Zeitung „Die Zeit“ hat eindrucksvoll heruntergeleiert, welches Gespür Hoeneß hat. Er hat seinen Freund Jupp Heynckes geholt und dann Pep Guardiola überzeugt. Er wickelte Bayerns wichtigsten Transfer ab: Franck Ribéry. Er demontierte Louis van Gaal, er schmiss Jürgen Klinsmann raus, den er nie gewollt hatte. Er stellte Franz Beckenbauer mit warmem Händedruck kalt. Er machte Jan Cristian Dreesen zum Finanzchef und gewann Matthias Sammer für einen Mentalitätswechsel. Alles passte. Immer.
Es wird diesen Club weiterhin geben. Aber dieses personifizierte Gespür für die richtige Entscheidung zum rechten Zeitpunkt, das könnte bald in Landsberg oder Bernau einsitzen.
Wer wird nachrücken? Karl-Heinz Rummenigge, der zweifellos gewachsene, aber noch immer hölzerne Vorstand? Franz Beckenbauer, der abgestellte Ehrenpräsident mit weltgrößter Meinungsfreude? Es wird eine Lösung geben. Aber der Mann, der aus zwölf Millionen Mark Umsatz und sieben Millionen Schulden einen Weltkonzern gemacht hat, wird von Bord gehen.