Buletten statt Gourmet: Berlins Angst vor dem Absturz
Berlin (dpa) - „Wir haben jetzt nur noch Finals.“ Die Aussage von Berlins Manager Michael Preetz klingt banal, hat aber dramatische Hintergründe. Ein zweiter Abstieg von Hertha BSC innerhalb von zwei Jahren hätte für den Hauptstadtclub Nummer 1 noch ungeahnte Auswirkungen.
Und so geht es in der Endspiel-Serie der Berliner in der Fußball-Bundesliga nach der Partie gegen den SC Freiburg nicht nur um 1. oder 2. Liga, sondern um ganz viel Geld, Zukunftschancen, Jobs und Personen. Am leichtesten hätte es da noch Trainer-Oldie Otto Rehhagel, der schon bei seiner Vorstellung lapidar verkündet hatte: „Wenn wir es tatsächlich nicht schaffen, hat es eben nicht gereicht.“
Die Konsequenzen für andere Hertha-Protagonisten, Angestellte und Fans wären weitaus schwerwiegender: Buletten statt Gourmet. Der mühsam erarbeitete Aufbruch in der 3,5-Millionen-Stadt, der nach dem ersten Absturz 2010 begann, wäre dahin. Die derzeitige Mannschaft mit Nationalspielern wie Adrian Ramos, ehrgeizigen Aufsteigern wie Thomas Kraft oder Fan-Lieblingen wie Raffael wäre Geschichte, obwohl alle längerfristig gebundene Profis Verträge auch für die 2. Liga besitzen. Doch mit einem Etat, der statt knapp 60 Millionen Euro nur noch 32 Millionen Euro betragen würde, wäre ein Umbruch unumgehbar.
Für das Personal sollen Hertha laut eigenem Lizenzantrag für die Zweitliga-Saison 2012/13 nur noch 13 statt jetzt 25 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Nicht jeder aus dem gegenwärtigen Spielerkader wird in einem anderen Verein einen ähnlich guten Vertrag wie jetzt bekommen, auch wenn Profis wie Kraft, Ramos, Raffael, Pierre-Michel Lasogga, Roman Hubnik und Andreas Ottl schnell andere Angebote erhalten dürften. Gespräche über mögliche Vertragsverlängerungen mit Patrick Ebert, Christoph Janker und Maikel Aerts liegen auf Eis.
Einige Mitarbeiter des Clubs könnte es weitaus härter treffen, denn der Kraftakt aus der Aufstiegssaison 2010/11 dürfte für Hertha kaum zu wiederholen sein. „Wir haben nur diese eine Patrone“, hatte Manager Preetz nach dem Abstieg vor zwei Jahren deutlich gemacht.
Der Club stemmte einen Zweitliga-Haushalt von 45 Millionen Euro, auch dank eines unbekannten Gönners, der acht Millionen Euro zusteuerte. Hertha ließ sich Teile der Stadionmiete stunden. Die Geschäftsführer Preetz und Ingo Schiller verzichteten auf einen Teil ihrer Gehälter. So kam der Verein ohne Personal-Kündigungen aus - und schaffte sofort den Sprung zurück in die Erstklassigkeit.
Schon in der Bundesliga war und ist die wirtschaftliche Situation angesichts von knapp 35 Millionen Euro Verbindlichkeiten angespannt. „Es ist ja kein Zufall, dass alle unsere Transfers, die wir nach dem Aufstieg gemacht haben, kein Geld kosten“, hatte Preetz erklärt. Einen weiteren entscheidenden Schuldenabbau „werden wir aus dem laufenden normalen Spielbetrieb nicht hinkriegen. Das kann man klar sagen“, hatte der Manager schon für Erstliga-Bedingungen verkündet.
In Liga zwei dürfte dies noch mehr ein frommer Wunsch sein. Zumal ein erneuter Abstieg besonders auch die Führungsetage um Preetz und Präsident Werner Gegenbauer in den Fokus der Kritik rücken würde. Im Mai stehen bei Hertha Neuwahlen des Präsidiums an.