Herzschlagfinale in Hamburg Bundesliga-Spektakel: Ingolstadt folgt Darmstadt in 2. Liga
Düsseldorf (dpa) - Wenn ein spektakuläres 5:4 des Branchenriesen Bayern München beim Verfolger RB Leipzig zur Randnotiz wird, muss an anderer Stelle Außergewöhnliches passiert sein.
Am vorletzten Bundesliga-Spieltag fesselten die Relegations- und Abstiegskrimis in Ingolstadt, auf Schalke, in Wolfsburg, Augsburg und Mainz die Fußball-Fans. Frust und Freude, Enttäuschung und Erleichterung - selten schlugen die Emotionen schon am vorletzten Spieltag der Saison an so vielen Schauplätzen hoch.
HSV-Trainer Markus Gisdol empfand die Achterbahnfahrt beim glücklichen 1:1 auf Schalke als „brutal emotional“. Augsburgs Coach Manuel Baum lief vor Aufregung immer wieder aus der Kabine und schaute dann doch wieder gebannt auf den TV-Schirm, um den Ausgang der wegen eines Unwetters fast eine halbe Stunde lang unterbrochenen Partie des VfL Wolfsburg und Borussia Mönchengladbach (1:1) gebannt zu verfolgen. Und beim FC Ingolstadt spielte sich nach dem 1:1 in Freiburg ein 26-Sekunden-Drama ab.
Bis zum Last-Minute-Ausgleich des Hamburger Stürmers Pierre-Michel Lasogga in der Nachspielzeit in Gelsenkirchen und dann nochmals 26 Sekunden lang durfte das Team von Trainer Maik Walpurgis auf eine allerletzte Chance hoffen, dem Abstieg im Saison-Schlussspurt doch noch zu entgehen. Ein Reporter verbreitete nach dem Abpfiff in Freiburg die Nachricht vom späten 2:1 durch Schalkes Sead Kolasinac gegen den HSV. Doch die Freude der Oberbayern währte nur kurz. Dann war klar, dass das vermeintliche Siegtor des Revierclubs nicht zählte, weil der Ball zuvor die Torauslinie überquert hatte.
Viele Spieler ließen ihren Tränen freien Lauf, als der Abstieg nach zwei Jahren Bundesliga feststand. „Da fällt man in ein Loch“, gestand FCI-Kapitän Marvin Matip. Freiburgs Trainer Christian Streich zeigte aus eigener Erfahrung Mitgefühl, nahm nach der Pressekonferenz den Kollegen Walpurgis in den Arm um, ihn zu trösten. „Ich kenne das. Heute geht es noch, aber morgen ist es die Hölle“, sagte Streich.
Des einen Leid, des anderen Freud: Der auf dem Relegationsrang 16 verharrende HSV feierte das 1:1 auf Schalke ausgelassen, weil das erste Saisontor des kurz zuvor eingewechselten Lasogga den direkten Abstieg unmöglich machte und nach der Katastrophen-Spielzeit nun ein Happy End winkt. Mit einem Heimsieg im Duell mit dem zwei Punkte besseren VfL Wolfsburg (37 Zähler) am kommenden Samstag könnte die Gisdol-Elf die Relegationsspiele gegen den Zweitliga-Dritten (wie 2014 und 2015) vermeiden und den Klassenverbleib aus eigener Kraft sichern.
Mental ausgelaugt kommentierte der HSV-Coach das späte Glück, warnte aber auch. „Das war nur ein Schritt. Jetzt müssen wir durchschnaufen, damit wir Samstag den Sack zumachen können.“ Voller Dankbarkeit war auch Heribert Bruchhagen, der schon viel erlebt hat in seinem bewegten Fußball-Leben. Doch die letzten Minuten raubten auch dem Vorstandschef die letzten Nerven. „Ich kann mich nicht an ein Spiel erinnern, in dem ich so ein Wechselbad der Gefühle erlebt habe.“
Als sich in Freiburg und Gelsenkirchen schon Dramen abspielten, hoffte Wolfsburg gegen Borussia Münchengadbach noch auf den Befreiungsschlag. Wegen eines heftigen Gewitters mit Donner, Blitz und Hagel war die Partie fast eine halbe Stunde unterbrochen worden. Am Ende reichte es nur zum Unentschieden, ein Ergebnis, das dem VfL im Finale in Hamburg zum Klassenverbleib genügen würde. Dass dies gelingt, davon ist Mario Gomez felsenfest überzeugt. „Ich weiß, dass wir nicht absteigen werden“, sagte der Nationalstürmer, der zuvor das 1:1 erzielt hatte. Gomez räumte aber auch ein: „99 Prozent der Deutschen wünschen sich dieses Endspiel, wir nicht.“
Platz 16 droht auch noch dem FC Augsburg. Dann nämlich, wenn der HSV die Wolfsburger schlägt und die Schwaben in Hoffenheim verlieren. Beide Clubs wären in dem Fall punktgleich und es käme auf das Torverhältnis an. Kurios: Sollte der HSV 3:2 gewinnen, und Augsburg 0:2 verlieren, wäre auch das Torverhältnis von FCA und VfL identisch (beide 35:53). Dann müsste Augsburg wegen des direkten Vergleich mit Wolfsburg (0:2, 2:1) in die Playoff-Spiele.
Spannung am 34. Spieltag ist auch im Kampf um die zwei oder drei Plätze in der Europa League garantiert. Fünf Clubs sind noch involviert. Mit den besten Karten gehen Hertha BSC (Platz 5/49 Punkte) und Freiburg (6/48) ins Saisonfinale. Aber auch der 1. FC Köln (7/46), Werder Bremen (8/45) und Gladbach (9/44) hoffen auf das internationale Geschäft. Vor allem dann, wenn Borussia Dortmund am 27. Mai das DFB-Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt gewinnt. Dann genügt Platz sieben für Europa, und es ist die letzte Saison-Entscheidung gefallen.