BVB auf Titelkurs - Gladbach-Sieg bei Favre-Debüt
Düsseldorf (dpa) - Euphorie in Dortmund, Alarmstimmung bei den ehemaligen Meistern aus Wolfsburg und Bremen - und auch beim FC Schalke 04 leuchten wieder die Warnlampen: Größer könnte der Unterschied zwischen den mit ähnlichen Ambitionen in die Saison gestarteten Teams kaum sein.
Anders als Spitzenreiter BVB, der beim 2:0 über den FC St. Pauli erneut groß aufspielte, setzten die norddeutschen Sorgenkinder ihre Talfahrt am 23. Spieltag fort. Wie groß die Verunsicherung mittlerweile ist, offenbarte Werder beim 0:4 im Nordderby gegen den Hamburger SV. „Wir müssen um Vergebung bitten für unsere Leistung“, klagte Clubchef Klaus Allofs.
Für einen anderen ehemaligen Titelträger bleibt die Situation nach dem 2:4 am Sonntag bei Bayer Leverkusen extrem bedrohlich. Der VfB Stuttgart, Meister von 2007, ist mit dem früheren Bayer-Coach Bruno Labbadia bei 19 Zählern weiter Vorletzter. Bayer übernahm dank der Treffer von Stefan Kießling (2), Gonzalo Castro und Stefan Reinartz wieder Tabellenrang zwei vor Bayern München. Mit dem ersten Heimsieg seit dem 9. April 2010 (2:0 gegen Eintracht Frankfurt) schloss „Schlusslicht“ Borussia Mönchengladbach nach Punkten zu Stuttgart auf. Beim Debüt des neuen Cheftrainers Lucien Favre gelangen Marco Reus und Mohamadou Idrissou die Tore zum 2:1 gegen den als Zehnten weiter enttäuschenden FC Schalke 04.
In Hamburg agierte Werder (24 Punkte) über weite Strecken der Partie wie ein Zweitligist. Selbst ein Leistungsträger wie Nationalspieler Per Mertesacker entpuppte sich als Sicherheitsrisiko: Er war an drei Gegentoren beteiligt. Trotz der anhaltenden Talfahrt mit zuletzt nur sechs Punkten aus neun Spielen stärke Allofs dem in die Kritik geratenen Coach Thomas Schaaf den Rücken: „Da werden wir nichts ändern, der Trainer steht nicht zur Disposition.“
Ein Wechsel des Fußball-Lehrers taugt nicht als Allheilmittel, wie das Beispiel Wolfsburg (23) beweist. Auch im zweiten Spiel unter der Regie des McClaren-Nachfolgers Pierre Littbarski blieb der Viertletzte ohne Punkt. Im Gegensatz zu den Bremern deuteten die „Wölfe“ beim 1:2 in Freiburg jedoch einen Aufwärtstrend an. Das konnte die vierte Schlappe in Serie jedoch nicht verhindern. Für Kapitän Marcel Schäfer ist die Situation „echt dramatisch. Das war ein Spiel, das man nie verlieren darf.“
Noch tiefer im Schlamassel steckt der 1. FC Kaiserslautern (23). Das 0:3 beim Überraschungsteam aus Hannover, das weiter von einem Platz in der Europa League träumen darf, erhöhte die Sorgen. Schließlich droht dem Aufsteiger der direkte Bundesliga-Abstieg. Eine Woche nach dem umjubelten 1:1 gegen den BVB war von einem Aufwärtstrend nichts zu sehen. Dennoch appellierte Trainer Marco Kurz an alle Beteiligten, Ruhe zu bewahren: „Wir spielen seit dem ersten Spieltag gegen den Abstieg - und daran hat sich nichts geändert.“
Anders als im Tabellenkeller herrschen an der Spitze weiter klare Verhältnisse. Mit dem 2:0 über das bisher erfolgreichste Rückrundenteam St. Pauli wahrte die Borussia ihre komfortable Ausgangslage. Nach zuletzt zwei Remis und öffentlicher Diskussion über mangelnde Chancenverwertung führte sie das Gerede von einer Krise ad absurdum. Eine Woche vor dem Gipfel beim FC Bayern München demonstrierte Kevin Großkreutz nicht nur auf dem Platz Selbstbewusstsein: „Bisher hatte ich recht. Wir verlieren bis zum Saisonende kein Spiel mehr“, tönte der Nationalspieler mit Bezug auf eine vor wenigen Wochen abgeschlossene Wette.
Doch auch die Bayern stimmten sich mit einer gelungenen Generalprobe auf den Klassiker am kommenden Samstag (18.30 Uhr) gegen Dortmund ein. Mehr und mehr findet der Rekordmeister zurück zu alter Stärke. Das 3:1 im Spitzenspiel beim FSV Mainz wertete Sportdirektor Christian Nerlinger als Mutmacher für die „Wochen der Wahrheit“ mit Spielen gegen Inter Mailand in der Champions League, den BVB und dem Pokal-Halbfinale gegen den FC Schalke: „Es kann für uns in der Champions League und im Pokal noch ein paar Highlights geben.“ In der Bundesliga würde er sich angesichts der Dortmunder Dominanz schon mit Rang zwei zufriedengeben: „Das ist sehr, sehr wichtig für den Club.“