Werder Bremen findet keinen Halt in der Krise
Tabellenkeller: Nach dem 0:4 gegen den HSV steigt die Abstiegsgefahr. „Wir haben keine Moral.“
Hamburg. Zwei schmale Fenster in den Türen zum Kabinentrakt von Werder Bremen ließen am Samstag im Hamburger Stadion einen Blick in das Gefühlsleben von Klaus Allofs zu. Der Manager pustete kräftig durch und vertiefte sich dann mit bleichem Gesicht sowie besorgter Miene in ein intensives Gespräch mit seinem Assistenten Frank Baumann, zu dem sich wenig später auch noch Kapitän Torsten Frings gesellte. Bei allen dreien war die pure Ratlosigkeit zu erkennen.
Werder taumelt nach dem 0:4 (0:1) bei einem gewiss nicht starken Hamburger SV der Zweiten Liga entgegen. Vor allem die Art der 500. Bundesliga-Niederlage stimmt bedenklich. „Nach dem zweiten Gegentor haben wir nichts mehr auf die Reihe bekommen. So schaffen wir es nicht da unten raus“, sagte Clemens Fritz, und Trainer Thomas Schaaf ergänzte: „Wir haben uns nach dem 0:2 nicht mehr gewehrt.“
Was nicht zum ersten Mal in dieser Saison zu beobachten war. Schon in Hoffenheim (1:4), Hannover (1:4), Stuttgart (0:6), Schalke (0:4) und Köln (0:3) ergab sich die Mannschaft ihrem Schicksal — wie Lämmer, die zur Schlachtbank geführt werden. „Wir haben einfach keine Moral, Spiele umzubiegen und deshalb stehen wir auch zurecht da unten“, sagte Klaus Allofs.
Die Mannschaft ist total verunsichert und mit der Situation völlig überfordert, was sich in hilf- und ideenlosen Alibi-Aktionen auf dem Rasen widerspiegelt. Selbst ein gestandener Nationalspieler wie Per Mertesacker, der beim HSV an drei der vier Gegentreffer Schuld trug, gerät ins Wanken. Trainer Schaaf scheint mit seinem Latein am Ende zu sein, steht aber weiterhin nicht zur Disposition. „Ein anderer Trainer würde nicht mehr herausholen. So wie wir platziert sind, so sind unsere Qualitäten“, sagt Allofs und spricht dem Kader damit ebenso die Klasse ab wie Torsten Frings. „Wenn wir gewisse Fehler nicht abstellen, dann müssen wir auch mal übers Können reden — und dann wird es auch nicht reichen.“
Düstere Aussichten für Werder, das für den ebenfalls heftig in der Kritik stehenden HSV gerade recht kam, um sich vor 54 121 Zuschauern in der nicht ausverkauften Arena durch die Tore von Mladen Petric (42.), Paolo Guerrero (64., 79.) und Änis Ben-Hatira (87.) in der Tabelle Luft und bei den Fans Kredit zu verschaffen. „Nach der Niederlage im Stadtderby gegen St. Pauli haben wir ordentlich Druck gehabt. Aber die Mannschaft hat eine tolle Reaktion gezeigt“, sagte Hamburgs Trainer Armin Veh, der über den Erfolg erleichtert war.
“ Siehe auch Seite 2: Porträt des Tages