Bundesliga BVB schlägt Leverkusen: Schwarz-gelbe Wiedergutmachung
Jadon Sancho und Marco Reus überragen beim 4:0-Sieg des BVB gegen Leverkusen. Aber der Derby-Frust sitzt immer noch tief.
Dortmund. Derbyniederlagen hallen besonders lautstark nach. In Dortmund und Schalke gleichermaßen. Das war bereits zu Zeiten von Stan Libuda oder Günter Kutowski so und hat sich bis heute nicht geändert. Eine Woche nach der 0:2-Niederlage gegen den ungeliebten Reviernachbarn bekam der BVB das von den eigenen Fans zu spüren. Die Dortmunder Ultras hatten vor dem Spiel gegen Bayer Leverkusen ein Banner über die gesamte Breite der Südtribüne ausgebreitet. „Kein Wille, keine Leidenschaft, kein Mut — keine Mannschaft. Niemand verkörpert Borussia Dortmund so wenig wie ihr“, war darauf zu lesen. Sicherlich nicht nur eine Reaktion auf die Pleite in Gelsenkirchen. Deutliche Worte, die trotz des vierten Tabellenplatzes und einer schwierigen Saison mit Trainerwechseln so manchen Auftritt der jüngeren Vergangenheit passend skizzierten. 90 Spielminuten später hatte sich die schwarz-gelbe Welt wieder aufgehellt. Mit 4:0 (1:0) schickte die Mannschaft von Peter Stöger die Werkself nach Hause, holte sich damit den dritten Platz zurück und verbesserte die Ausgangsposition im Kampf um die Champions-League-Qualifikation merklich.
Peter Stöger über Jadon Sancho
Wille, Leidenschaft, Mut — all jene Eigenschaften waren gegen den direkten Konkurrenten aus Leverkusen plötzlich wieder da. Insbesondere bei den jungen Offensivkräften, auf denen in Abwesenheit des verletzten Torjägers Michy Batshuayi besondere Aufmerksamkeit lag. Und diejenigen, die es im mit 81 360 Zuschauern einmal mehr ausverkauften Westfalenstadion mit dem BVB hielten, mussten das Fehlen des Belgiers nicht lange bedauern. Der gerade einmal 18 Jahre alte Jadon Sancho auf der linken Seite und Christian Pulisic (19) auf dem rechten Flügel wirbelten die Bayer-Abwehr von Beginn an ein ums andere Mal durcheinander. Mutig und leidenschaftlich gingen sie in die Dribblings, ohne Angst vor Fehlern. Den unbedingten Willen zeigte Sancho beim 1:0 nach 13 Minuten, das Pulisic mit einem dieser Dribblings sehenswert vorbereitet hatte. Anders als eine Zeigerumdrehung zuvor behielt der junge Engländer diesmal frei vor Torhüter Ramazan Özcan die Nerven und schob zu seinem ersten Bundesligatreffer ein.
„Er hat großes Potenzial, viel Dynamik und eine gute Technik. Wenn er klar im Kopf bleibt, wird er sich hier durchsetzen“, lobte Stöger den jüngsten englischen Torschützen der Ligageschichte. „Ich bin sehr stolz, dass der Trainer mir in so einem wichtigen Spiel das Vertrauen geschenkt hat und dass ich dieses mit einer guten Leistung zurückzahlen konnte“, sagte Sancho, der zudem das 3:0 (65.) des fleißigen Maximilian Philipp und das 4:0 (79.) von Marco Reus vorbereitete. „Jadon ist technisch überragend“, adelte Reus seinen Teamkollegen.
Trotz eines verschossenen Strafstoßes (37.) stand Reus, der den nicht berücksichtigten Marcel Schmelzer als Kapitän vertrat, dem von Manchester City nach Dortmund gewechselten Talent in nichts nach. Auf Vorarbeit des bemühten, aber nicht kontinuierlich glücklich agierenden Mario Götze erzielte Reus das vorentscheidende 2:0 nach 55 Minuten, nachdem sein erster Treffer vor der Pause vom Video-Assistenten annulliert worden war. „Wir sind gut reingekommen, haben die Zweikämpfe gewonnen, hatten eine gute Raumaufteilung und haben spielerisch gut agiert. Dann war es wichtig, dass wir in Führung gehen, das hat uns mehr Selbstvertrauen gegeben. Danach sind wir drangeblieben“, sagte Reus, der sich vor den Augen von Bundestrainer Joachim Löw in WM-Form präsentierte.
Die treffende Analyse des erfahrensten Protagonisten in der Dortmunder Offensive ergänzte der Trainer, dessen Zukunft (offiziell) noch nicht geklärt ist. „Das war ein richtig gutes Spiel über 90 Minuten. Die Mannschaft hat sehr viele Dinge gut gelöst. Schalke kannst du nicht wie eine normale Niederlage abhaken. Wir haben länger gebraucht, um das aufzuarbeiten. Es war eine tolle Vorstellung, trotzdem haben wir noch einiges zu tun“, erklärte Stöger. Etwas länger dauert die Aufarbeitung der Derby-Schmach offensichtlich noch bei einem Teil der Fans. Als die Mannschaft nach der Gala gegen Bayer auf die „gelbe Wand“ zulief, wurden sie von vielen zurückgewiesen. Die Südtribüne feierte stattdessen lieber mit dem Ex-Dortmunder Sven Bender, der nun unterm Bayer-Kreuz kickt. Ein versöhnliches Ende hätte anders ausgesehen. Schalke hallte eben weiterhin nach. Doch zumindest konnte niemand wegdiskutieren, dass die Mannschaft das zeigte, was zuvor bemängelt wurde: Wille, Mut und Leidenschaft.