Dardai: Situation „belastet“ - 96 moralischer Sieger

Berlin (dpa) - Von großem Wert war die Punkteteilung für keins der beiden Teams. Dennoch versuchten Hertha BSC und Hannover 96 das 2:2 zum Auftakt des 29. Spieltages der Fußball-Bundesliga positiv zu betrachten.

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„Ich werte das Remis als Punktegewinn für uns“, sagte Manager Michael Preetz vom Berliner Champions-League-Aspiranten. Daniel Stendel, der sein Trainer-Debüt beim wahrscheinlichen Absteiger gab, freute sich, „dass wir mutig nach vorne gespielt, Leidenschaft gezeigt und uns mit dem Punkt belohnt haben“.

Die Realität sieht nicht so erfreulich aus. Auch wenn die Verantwortlichen der Hertha ungern über das Thema Champions League reden - die Ambitionen des Hauptstadtclubs auf Europas höchste Klasse haben nach dem 0:5 in Mönchengladbach durch das Remis gegen das Schlusslicht einen weiteren Dämpfer erhalten - auch wenn die Berliner jetzt seit zehn Heimspielen unbesiegt sind. Leverkusen und Mönchengladbach, Herthas Konkurrenten im Kampf um die Königklasse, können am Wochenende bis auf einen Zähler an den Tabellen-Dritten heranrücken.

Und Hannover hätte definitiv gewinnen müssen, um den Glauben an die Aufholjagd auf die Nichtabstiegsplätze noch einmal entflammen zu lassen. So könnte eventuell schon am nächsten Spieltag der Abstieg für die Niedersachsen fix sein.

Nationaltorwart Ron-Robert Zieler wollte daran keinen Gedanken verschwenden. Er freute sich vielmehr über den kurzen Moment der Zuneigung der Fans nach dem Spiel. „Das ist definitiv mal ein schönes Gefühl, in die Kurve zu gehen und nicht beschimpft zu werden.“ Der Kapitän lobte Novize Stendel, der normal die U19 der Roten trainiert und bis zum Saisonende die Arbeit des geschassten Thomas Schaaf zu Ende bringt: „Der Trainer hat versucht, eine positive Stimmung zu entwickeln.“ Nun wolle man die kommenden Partien genauso angehen wie in Berlin, sagte Stendel und Zieler unisono.

Herthas Linksverteidiger Marvin Plattenhardt wollte sich anders als Manager Preetz nicht mit dem Remis anfreunden: „Natürlich sind wir enttäuscht, wir wollten die drei Punkte hierbehalten.“

Den Berlinern scheint die Rolle des Überraschungs-Dritten im Saisonendspurt nicht gut zu bekommen. Die Pleite in Mönchengladbach und die Erwartungshaltung schienen den Fastabsteiger der Vorsaison gegen das Schlusslicht aus Hannover zu hemmen. Zur Halbzeit gab es gar Pfiffe von einigen der 45 229 Zuschauer im Olympiastadion. „Wir sind ein junges Team. Die Situation da oben belastet die Jungs“, gab Hertha-Trainer Pal Dardai zu. Und Preetz ergänzte: „Die Jungs können Zeitung lesen, und die Spiele werden immer weniger.“

Dardai warf seiner Mannschaft vor, nach der frühen Führung durch Vedad Ibisevic (3.) nicht clever genug gespielt zu haben. „Wir waren übermotiviert und dadurch unnötig ausgepowert“, kritisierte der Ungar. „Wenn man zwei Tore zu Hause schießt, muss man gewinnen. Ein Top-Team tut das.“ Nach den Gegentoren durch Artur Sobiech (18. Minute) und Manuel Schmiedebach (58.) war Herthas Rekordspieler froh, dass Salomon Kalou (72.) wenigstens noch der 2:2-Ausgleich gelang. „Wir haben Glück gehabt, wir hätten auch verlieren können.“

Weniger Glück hatte Torschütze Ibisevic, der sich nach einem Zusammenprall mit Hannovers Alexander Milosevic eine Fraktur der linken Kieferhöhle zuzog. Wie der Verein am Samstag mitteilte, wird der Bosnier nicht operiert. Ibisevic hofft, im kommenden Spiel bei 1899 Hoffenheim auflaufen zu können.