Das System Skripnik: Mit Jugend und Vertrauen zum Erfolg
Bremen (dpa) - Vier Siege in Serie haben aus Viktor Skripnik keinen euphorischen Menschen gemacht. Während die jubelnden Fans im Weserstadion Europapokal-Gesänge anstimmten, blieb der Mann, der Werder Bremen den Erfolg zurückgebracht hat, auch nach dem 2:1 gegen Bayer Leverkusen seiner Linie treu.
„Ich lasse mich nicht provozieren“, sagte der Fußball-Lehrer, den viele in der Hansestadt bereits als Glücksgriff bezeichnen, auf Fragen nach neuen Saisonzielen seiner Mannschaft.
Der Ukrainer gilt als Musterbeispiel dafür, dass ein Coach aus dem eigenen Verein eine gute Wahl ist. Die Bremer hatten sich nach dem Sturz in die Abstiegsregionen der Fußball-Bundesliga und der Trennung von Robin Dutt für eine im wahrsten Sinne des Wortes naheliegende und zugleich preisgünstige Lösung entschieden. Und der Erfolg gibt ihnen recht. Während der VfB Stuttgart mit dem niederländischen Trainer-Routinier Huub Stevens am Tabellenende steht, holte Skripnik mit Werder 22 Punkte in elf Spielen.
Auch nach dem Vorstoß auf den achten Platz nimmt Skripnik das Wort Europa aber nicht in den Mund. „Wir schauen nur nach unten, nicht nach oben“, versicherte der Bremer Trainer, der bis vor kurzem noch die zweite Werder-Mannschaft auf Gegner wie Rehden oder Cloppenburg vorbereitete. Skripnik reagiert freundlich, aber bestimmt. Und genauso scheint er bei seinen Spielern anzukommen. Dabei bevorzugt er die Kommunikation „unter vier Augen“. Er selber vermutet: „Vielleicht nehmen die Spieler die Kritik dann lieber an.“
Dem 45-Jährigen liegt die Verjüngung der Mannschaft am Herzen. Skripnik setzt mehr als Vorgänger Dutt auf Spieler aus dem eigenen Nachwuchs. Und er hält zu ihnen, auch wenn es - so wie bei Janek Sternberg gegen Leverkusen - nicht gut läuft. Natürlich spielt bei ihm nicht automatisch, wer jung ist. Levent Aycicek zum Beispiel musste zuletzt wieder häufiger auf die Bank.
„Das neue Trainerteam hat uns neues Selbstvertrauen und Mut zum Fußballspielen gegeben“, erklärte Zlatko Junuzovic. Tatsächlich setzt das neue Werder auch spielerische Akzente wie bei der Traumkombination vor dem ersten Tor gegen Bayer durch Davie Selke. Dazu legen die Bremer auf klassische Tugenden wie Leidenschaft und Einsatz wert. „Wir werden immer mehr zu einem Team“, erklärte Selke den Wandel. Das hat sicher viel mit Skripnik zu tun. Vermutlich aber auch mit der Eigendynamik, die sich bei den Bremern durch die Erfolge eingestellt hat.
Mit dem Trainer der eigenen U23-Mannschaft versucht es auch der Hamburger SV. Noch vor dem Nachbarn aus Bremen wechselte der HSV den Coach und übergab dem Bundesliga-Neuling Josef Zinnbauer die Verantwortung als Nachfolger von Mirko Slomka. Die Bilanz ist längst nicht so berauschend wie bei Skripnik, aber mit den beiden jüngsten Siegen dennoch hoffnungsvoll. Und auch Hertha hat sich für Pal Dardai aus dem eigenen Nachwuchsbereich bedient. Der Ungar holte im erstem Spiel schon einmal drei Punkte.
Die Erfahrung, dass ein Coach aus dem eigenen Club nicht zwangsläufig hilft, machte der VfB Stuttgart mit Thomas Schneider. Der jetzige Assistent von Bundestrainer Joachim Löw hatte in der vorigen Saison nicht den erhofften Erfolg und musste für Stevens Platz machen. 2013/14 war die Mission des Niederländers im Abstiegskampf von Erfolg gekrönt gewesen. Derzeit sind die Schwaben Letzter, davon ist Werder mit dem neuen Hoffnungsträger weit entfernt.