Daum zieht an - Neun-Stunden-Tag für die Eintracht
Frankfurt/Main (dpa) - Es ist etwas ruhiger geworden um Christoph Daum in Frankfurt. Nicht mehr 2000 Fans wie bei seiner Vorstellung vor einer Woche säumen das Trainingsgelände, nur noch rund 150 Kiebitze betrachten die Übungseinheit der Eintracht.
Daum selbst hat vor der mit Spannung erwarteten Partie beim VfL Wolfsburg mit Felix Magath am Sonntag aber noch nichts von seinem Feuer eingebüßt, mit dem er am Main sein fünftes Engagement als Bundesliga-Trainer angetreten hat. Mit einem Zettel in der Hand steht er in der Mitte des Trainingsplatzes, lautstark hallen seine Kommandos über den Platz im Schatten der riesigen Commerzbank Arena.
Dass dort in der kommenden Saison Zweitliga-Fußball zu sehen sein soll? Für Daum unvorstellbar. „Hätten sich die Spieler schon vorher so reingekniet, wie in dieser Woche unter mir, hätte es hier gar keinen Trainerwechsel gegeben“, sagt er. „Dann würde die Eintracht jetzt um die internationalen Plätze mitspielen.“
Große Worte! Und doch wirkt der 57-Jährige nach einer Woche Eintracht nachdenklicher als zu Beginn seines umjubelten Comebacks auf der Bundesliga-Bühne. Neun Monate hatte er nach dem Ende seines Engagements bei Fenerbahçe Istanbul nicht im Rampenlicht gestanden, das Blitzlichtgewitter bei seiner Inthronisierung als Nachfolger von Michael Skibbe genoss er daher in vollen Zügen.
Inzwischen scheint Daum aber bewusst zu werden, auf was er sich beim hessischen Traditionsclub eingelassen hat - knallharter Abstiegskampf bis zum letzten Spieltag. „Als Heribert Bruchhagen bei mir war, habe ich den Ernst der Lage gar nicht so erkannt“, gesteht er. Intuitiv sagte Daum zu, auch weil er wieder Sehnsucht nach der Bundesliga hatte.
„Als ich mich dann etwas mehr mit der Eintracht beschäftigt habe, habe ich erkannt, in welcher schwierigen Lage sich die Eintracht befindet“, sagt der Fußballlehrer. Auch im Training wird dem Stuttgarter Meistercoach von 1992 täglich vorgeführt, wie schwer die Aufgabe ist, die er da übernommen hat. Nicht alles funktioniert so, wie es sich der ehrgeizige Daum wünschen würde. Beim Einüben von Standardsituationen dauert es schon mal eine Weile, ehe ein vernünftiger Freistoß in den Strafraum segelt.
Um die unter Vorgänger Skibbe völlig verunsicherte Mannschaft wieder auf Kurs zu bringen, setzt der neue Eintracht-Coach vor allem auf Zusammenhalt und viele Einzelgespräche. Seit Mittwoch hat er dem Team einen Neun-Stunden-Tag verordnet. Bis zu diesem Freitag frühstücken die Spieler zusammen, bleiben auch zwischen den beiden Einheiten auf dem Gelände. Für ausländische Profis sollen Sprachkurse zur Pflicht werden, auch einen neuen Verhaltenskodex hat der umtriebige Daum eingeführt.
Zudem wird länger geübt. Am Dienstag dauerte die Trainingseinheit 126 Minuten - so lange wie seit den Zeiten von Magath in Frankfurt nicht mehr. „Das Training ist sehr intensiv, weil Herr Daum immer volle Power erwartet“, hat Patrick Ochs ausgemacht, der auch unter dem neuen Trainer Kapitän bleiben wird.
Neben harter Arbeit gibt es für die Profis aber auch immer wieder lobende Worte. „Du musst auch Optimismus verbreiten“, sagt Daum, als Motivationskünstler bekannt und verschrien. Ob seine energievolle Art in Frankfurt ankommt, wird sich zeigen. Schon am Sonntagabend, wenn das erste von sieben Endspielen für den Tabellen-14. ansteht.