Nach 0:1 in Dortmund Der FC Bayern hadert - Hummels: „Nicht so dominant“
Dortmund (dpa) - Karl-Heinz Rummenigge stapfte wortlos durch die Katakomben, Carlo Ancelotti schaute noch griesgrämiger als sonst, und Philipp Lahm kommentierte den Sturz vom Tabellen-Thron nach 14 Monaten mit ungewohntem Sarkasmus.
„Das ist doch schön für die Liga. Das haben sich doch alle gewünscht“, sagte der Kapitän des FC Bayern München nach dem bitteren 0:1 (0:1) in Dortmund. Dass ausgerechnet Emporkömmling RB Leipzig die Münchner nach der ersten Saisonniederlage am 11. Spieltag an der Spitze ablöste, hinterließ beim Branchenriesen Spuren. „Klar, kann man nicht zufrieden sein, wenn man nicht mehr Tabellenführer ist und Punkte liegen lässt“, meinte Lahm angesichts des Drei-Punkte-Rückstandes auf Leipzig.
Nur zwei Siege in den zurückliegenden sechs Spielen, die erste Bundesliga-Niederlage seit Anfang März - der frühere Dominator und Dauermeister ist im Spätherbst 2016 in die Krise gerutscht. Weltmeister Mats Hummels gestand nach der missratenen Rückkehr nach Dortmund im ZDF-Sportstudio ein, dass die Souveränität etwas verloren gegangen sei. „Es stimmt, dass wir nicht ganz so dominant, nicht ganz so überlegen sind wie es die Bayern in den vergangenen Jahren waren.“
Der nach achteinhalb Jahren im BVB-Trikot zum Rekordmeister gewechselte Innenverteidiger mochte die Niederlage in einem „der schwersten Auswärtsspiele in Europa“ aber auch nicht überbewerten. „Es ist nicht gut, aber auch keine Katastrophe oder ein Weltuntergang. Ich bewerte Spiele nicht nur nach dem Ergebnis“, meinte Hummels, der beim entscheidenden Tor von Pierre-Emerick Aubameyang (11. Spielminute) selbst keine glückliche Figur machte. Ausgerechnet sein früherer Mitspieler Mario Götze, der sein bestes Spiel seit seiner Rückkehr aus München im Sommer machte, hatte Hummels als Passgeber den Ball durch die Beine geschoben. „Das Tor wäre zu verhindern gewesen. Ich war involviert“, gestand Hummels, meinte aber auch: „Es war nicht die Hauptursache für das Gegentor.“
Schon seit Wochen deutet sich an, dass die Bayern selbst national nicht mehr unantastbar sind. Zu recht wies Torhüter Manuel Neuer darauf hin, dass man bei den drei Unentschieden gegen Frankfurt, Köln und Hoffenheim „Punkte verspielt“ und „Siege verschenkt“ habe. „Das darf einfach nicht passieren“, monierte der Weltmeister. Neuer musste mit einer Glanzparade gegen den frei vor ihm auftauchenden Aubameyang nach einem katastrophalen Fehler von Xabi Alonso in der zweiten Hälfte sogar das mögliche 0:2 verhindern. Der Spanier hatte zuvor mit einem Lattenschuss die größte Ausgleichsmöglichkeit gehabt.
Wie Lahm sieht Neuer trotz mehr Ballbesitz mangelnde Effektivität, Durchschlagskraft und Entschlossenheit als Ursachen für die Rückschläge. „Der Wille, das Tor unbedingt zu machen, das fehlt uns im Moment ein bisschen. Wir hatten heute die Möglichkeit, gegen eine nicht so starke Dortmunder Mannschaft zu gewinnen“, analysierte der Torhüter. Und Lahm ergänzte: „Oft hat der letzte Pass, die Präzision gefehlt.“
Womöglich liegen die Ursachen der Krise auch tiefer. Anders als beim zuweilen kritisierten Ballbesitzfußball unter Pep Guardiola wirken die Aktionen nicht mehr so durchdacht und entschlossen. Dazu kommen Verletzungen und einzelne Formkrisen wie die des erneut schwachen Thomas Müller. Hummels deutete an, dass das Team noch Umstellungsschwierigkeiten auf Ancelottis Philosophie habe.
„Wir haben einen anderen Schwerpunkt, spielen eine etwas andere Art. Das ist ja auch okay“, sagte Hummels, der nicht nur den bis auf drei Punkte herangerückten BVB, sondern auch den fulminanten Aufsteiger Leipzig als ernsthaften Titelkonkurrenten sieht. An einen Durchmarsch wie in den vergangenen Jahren glaubt selbst Neuer nicht mehr: „Ich rechne damit, dass wir und Dortmund am Ende um den Titel spielen. “