Regionalliga Platzer kontert Vorwürfe, Hartmann erstellt Chronik
Krefeld · KFC-Vorstandsvorsitzender sagt überraschend die außerordentliche Mitgliederversammlung doch ab, Ex-Vorsitzender des Ehrenrats zeigt Versäumnisse auf.
Viele überraschende Wendungen hielt der Mittwoch für die KFC-Fans bereit. Am Vormittag noch hatte Vorstandsvorsitzender Thomas Platzer erklärt, er wolle trotz der vom Verwaltungsrat geäußerten Bedenken an der außerordentlichen Mitgliederversammlung, mit dem Zweck die beiden Vorstandsmitglieder Peter Kahstein und Dirk Röthig abzuberufen, festhalten. Selbstverständlich habe man dafür die einzuhaltenden Fristen geprüft. Am Abend dann die Kehrtwende: Nach einem „durchweg konstruktiven und guten Gespräch“ mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Thomas Ellrich sei man zu zwei zentralen Übereinkünften gekommen. Eine davon ist die Absetzung der außerordentlichen Mitgliederversammlung. Stattdessen soll am 18. Februar eine ordentliche Mitgliederversammlung stattfinden, an der Ellrich als Gast teilnehmen wolle.
Die zweite bezieht sich auf den Spielbetrieb, der „einstweilen fortgeführt“ werden soll. „Ein gemeinsames Gespräch zwischen Mehmet Eser, dem vorläufigen Insolvenzverwalter und unserer Mannschaft verlief sehr positiv“, so Platzer.
Im Mai 2024 gab es Schulden
in Höhe von 800 000 Euro
Während Platzer also noch die Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Mitgliederversammlung zu beweisen versuchte, gab es für die Fans des Fußball-Regionalligisten von unerwarteter Seite neues Futter. In einem Fanforum tauchte eine von Sven Hartmann, Ex-Vorsitzender des Ehrenrats, gezeichnete Chronik der Geschehnisse seit Mai 2024 auf, die für viel Wirbel sorgte. Darin heißt es, dass der KFC bereits im Mai mit rund 800 000 Euro Schulden dastand. „Ein Großteil davon resultieren aus Forderungen der Berufsgenossenschaft, mit denen man in Kontakt steht und mögliche Zahlungsvereinbarungen aushandelt“, so Hartmann. Schon damals stand eine Insolvenz im Raum, wurde aber dann doch nicht zum Thema, da der Verein einen Kooperations- und Darlehnsvertrag mit M-Soccermanagement und Mehmet Eser abschloss. In diesem Zusammenhang stellte Eser, laut Hartmann, Sponsoring-Einnahmen im sechsstelligen Bereich in den Raum. Das Budget für die aktuelle Saison wurde auf 580 000 Euro festgelegt. In den Wochen danach sei von Eser und den kommissarischen Vorständen Andreas Scholten und Sebastian Thißen sowie Adalet Güner ein Kader zusammengestellt worden. Dessen Kosten habe allerdings das Budget um rund 900 000 Euro überzogen. „Eser verweist gegenüber Vorstand und Verwaltungsrat wiederholt auf den Umstand, das mit kommenden Sponsoren abdecken zu können. Der Verwaltungsrat hält sich bedeckt“, heißt es weiter in Bezug auf den Zeitraum Mai bis Juni. Thomas Platzer habe bei seinem Amtsantritt im Juni erklärt, 350 000 bis 400 000 Euro in den Verein einbringen zu wollen. Allerdings sei Platzer in den Monaten Juli bis Oktober „als neuer Vorsitzender praktisch nicht existent“ gewesen, weshalb sich auch Teile der aktiven Fanszene gegen ihn richteten. „Auch seinen angekündigten Geldeinlangen werden nicht in die Tat umgesetzt. Selbst ein von ihm öffentlich angekündigtes Hauptsponsoring durch seine Firma Gangbild wird nicht umgesetzt“, schildert Hartmann. Schließlich habe der Verwaltungsrat Thomas Platzer das Misstrauen ausgesprochen und zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung eingeladen. „Laut unserer Satzung fehlt dem Verwaltungsrat dazu jedoch die Befugnis“, heißt es für den Zeitraum Juli bis November 2024.
Wohl auch aufgrund der negativen Schlagzeilen in Verbindung mit dem „vorausgegangenen personellen Chaos im Vorstand des KFC“ – gemeint sind Marc Schürmann (dasbob), Ilja Ludenberg, Christian Gummert – seien zudem Bestandssponsoren abgesprungen, weshalb in der Folge erneut über eine Sanierung diskutiert worden sei: „Die durch Thomas Platzer einberufenen neuen Vorstandsmitglieder Röthig und Kahstein, die ebenso mit vielversprechenden Sponsorenvermittlungen vor Amtsantritt geworben haben, versuchen mit den Gläubigern eine Sanierungsquote hinzubekommen, die es dem Verein ermöglicht, eine Fortführungsprognose zu verfolgen. Erfolgsmeldungen oder Fortschritte bei diesem Vorhaben bleiben aber auch hier gegenüber dem Verwaltungsrat aus. Vielmehr macht das Duo mit einem ausgeprägten Informationsdefizit und u.a. einer juristischen Klage gegen das Vereinsradio von sich reden und steht in der Kritik.“
Zwischen September und Dezember habe Mehmet Eser mit seiner Firma M-Soccermanagement immer wieder die Nettogehälter der Spieler der Regionalligamannschaft übernommen, ohne dafür eine Vertragsgrundlage zu haben. „Der Schuldenberg wächst innerhalb von fünf Monaten auf mehr als 1,2 Millionen Euro und hochgerechnet bis zum Saisonende auf 1,6 bis 1,8 Millionen Euro an.“
Für den im November präsentierten Hauptsponsor Mercedes Herbrand gäbe es keine vertragliche Grundlage, wohl auch weil Mehmet Eser den „Deal aufgrund der aktuellen Mehrheitsverhältnisse im Vorstand und dem Misstrauen gegenüber den Vorstandskollegen Röthig und Kahstein“ stoppte. Ebenfalls im November gibt der Verwaltungsrat bekannt, auf der nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung geschlossen zurückzutreten. Seither verlieren sich alle Beteiligten in gegenseitigen Vorwürfen und Beschuldigungen, so Hartmann. Die Folge sei die aktuelle Situation rund um die mögliche Insolvenz.
Im letzten Absatz seines Statements, dass Hartmann auch in den Sozialen Medien geteilt hat, schießt er noch einmal gegen jeden Beteiligten im Verein, sich selbst eingeschlossen: „Im Vergleich zur letzten Insolvenz, bei der wir mit Herrn Ponomarev unseren unzweifelhaften Sündenbock hatten, hat sich unser Verein dieses Mal durch eigenes Missmanagement des Vorstands (und folglich auch durch die misslungenen Berufungen durch den Verwaltungsrat) wieder in eine Insolvenzsituation gebracht. Egal, wie die Vorstandsmitglieder hießen: Niemand konnte dieser Entwicklung entgegenwirken. Auch mir selbst werfe ich vor, bei meinem Rücktritt aus dem Vorstand im Mai 2021, nachdem wir die Saison 2020/21 mit ca. +/- abgeschlossen hatten, nicht eindeutiger auf die viel zu teure Kaderplanung für 2021/22 hinzuweisen. Denn da fing es schon an, in eine falsche Richtung zu gehen.“
Hartmann befürwortet einen Neuanfang „mit neuen Gesichtern und Personen, die durch Ihre Lebensläufe bereits bewiesen haben, dass sie die notwendige wirtschaftliche und soziale Kompetenz mitbringen“.