Der HSV als „Hoffnungsträger-Such-Verein“

Hamburg (dpa) - HSV - die Initialen des Hamburger Sport-Vereins standen in jüngster Zeit eher für „Hoffnungsträger-Such-Verein“.

Seit der im Juni 2009 erfolgten Trennung von Dietmar Beiersdorfer hat der Traditionsclubs und Stammvereins von Fußball-Idol Uwe Seeler HSV fast zwei Jahre gebraucht, ehe Frank Arnesen den vakanten Posten als Sportdirektor übernommen hat. Nach Michael Oenning, Interimscoach Rodolfo Cardoso und Ein-Spiel-Teamchef Arnesen hat Thorsten Fink als neuer Cheftrainer bei den Norddeutschen unterschrieben. Damit endet eine lange Suche für den HSV, bei dem mittlerweile auch die Vorsitzenden in Vorstand und Aufsichtsrat gewechselt haben.

Die dpa dokumentiert die lange Suche an allen Fronten:

23. Juni 2009: Im Machtkampf mit Vorstandschef Bernd Hoffmann zieht der langjährige HSV-Profi und -Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer den Kürzeren. Nach der Trennung steht der HSV ohne sportlichen Leiter da - monatelang wird nach dem geeigneten Nachfolger gefahndet. Da zugleich auch ständig die Trainer gewechselt werden, handelt sich der Traditionsverein den Spitznamen „Hamburger Such-Verein“ („Kicker“) ein.

2. September 2009: Der als ernsthafter Nachfolgekandidat gehandelte Ex-Profi Oliver Kreuzer (Ex-Profi Bayern München, damals Manager bei Sturm Graz) teilt dem Club während einer Aufsichtsratssitzung des HSV per SMS mit, dass er seine Kandidatur zurückzieht. Kreuzer soll erfahren haben, dass Hoffmann angeblich Roman Grill bevorzuge, der nun als letzter Kandidat übriggeblieben ist.

15. September 2009: Grill erhält „wegen der Diskussion um seine Person“ eine Absage des HSV-Aufsichtsrates. Grund: Teile dieses Gremiums und auch der HSV-Mannschaft - besonders Frank Rost - hatten sich offen gegen Grill ausgesprochen, weil dieser als Spielerberater unter anderem auch den damaligen HSV-Profi Piotr Trochowski vertritt. Der damalige Aufsichtsratschef Horst Becker muss einräumen: „Wir fangen wieder bei Null an.“

11. Februar 2010: Überraschend gerät Urs Siegenthaler ins Visier des HSV. Der Chefscout des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) solle nach der WM im August 2010 als Sportlicher Leiter nach Hamburg kommen. Eine Zustimmung des HSV-Aufsichtsrats sei Formsache, hieß es.

26. April 2010: Der HSV trennt sich von Trainer Bruno Labbadia, der erst am Saisonende die Nachfolge des zurückgetretenen Martin Jol angetreten hatte. Bis zum Saisonende übernimmt „Co“ Ricardo Moniz, der dann aber Beiersdorfer zu Red Bull Salzburg folgt. Neuer verantwortlicher Mann auf der Bank wird zum 1. Juli Armin Veh.

29. Juli 2010: Siegenthaler sagt kurz vor dem geplanten Einstieg „schweren Herzens“ ab. Aufgrund der angedachten Doppelfunktion, die neben dem Job in Hamburg auch weiter die Arbeit als DFB-Chefscout vorsah, gab es auf einmal seitens des DFB Bedenken hinsichtlich eines Interessenkonfliktes. Siegenthaler entschied sich wegen seiner engen Verbindung zu Bundestrainer Joachim Löw zugunsten des DFB. Für diverse Vorleistungen soll er aber schon kräftig Geld vom HSV kassiert haben.

14. Januar 2011: Nun peilt man die große Lösung an. DFB-Sportdirektor Matthias Sammer soll in eben dieser Position zum HSV wechseln. Der Ex-Nationalspieler bekundet Interesse, Hoffmann & Co. wollen ihn, und auch der HSV-Aufsichtsrat stimmt diesmal uneingeschränkt zu. Am 21. Januar, als der Vertrag schon ausgehandelt gewesen sein soll, gibt der vom DFB zu einer Entscheidung gedrängte Sammer dem HSV „nach reiflicher Überlegung“ aber völlig unerwartet einen Korb.

20. Februar 2011: Der HSV teilt die Verpflichtung von Frank Arnesen an, der nach zweijähriger Vakanz seit Beiersdorfers Absetzung zum 01. Juli als Sportchef bis 2014 verpflichtet wird. Der neue Aufsichtsratschef Ernst-Otto Rieckhoff zeigt sich „sehr glücklich, dass uns diese großartige Lösung gelungen ist“. Tatsächlich tritt der vom FC Chelsea geholte Arnesen seinen Posten schon Ende Mai an, um den geplanten Umbruch beim Club frühzeitig einzuleiten.

13. März 2011: Nach einer 0:6-Pleite beim FC Bayern München trennt sich der HSV von Cheftrainer Veh. Dessen Assistent Michael Oenning steigt erst zum Interimscoach auf und soll zur Saison 2011/12 als neuer Chefcoach den Umbruch einleiten.

16. März 2011: Der HSV entlässt Vorstandschef Hoffmann und seine Vertraute Katja Kraus. FDP-Politiker Carl-Edgar Jarchow übernimmt Hoffmanns Posten.

19. September 2011: Nach einem miserablen Saisonstart trennt sich der Tabellenletzte von Oenning. Als die Rückkehr von Huub Stevens scheitert, übernimmt zunächst U-23-Coach Rodolfo Cardoso den Posten. Doch da der Argentinier nicht über die Fußballlehrer-Lizenz verfügt, muss er das Amt den Statuten entsprechend nach 15 Werktagen abgeben. Immerhin gelingt unter Cardoso der erste Saisonsieg.

10. Oktober 2011: Sportdirektor Arnesen übernimmt vorübergehend die Aufgaben des Cheftrainers. Der Däne, der im Besitz des Trainerscheines ist, wird am 15. Oktober im Punktspiel in Freiburg auf der HSV-Bank sitzen. Cardoso soll ihm assistieren.

13. Oktober 2011: Der HSV gibt die Verpflichtung von Thorsten Fink als Trainer bekannt. Der ehemalige Bundesliga-Profi muss beim Schweizer Meister FC Basel allerdings aus einem bis 2013 laufenden Vertrag herausgekauft werden. Er unterschreibt bis 2014. Rechnet man die jüngsten Interimslösungen mit Cardoso und Arnesen mit, ist Fink schon der siebte HSV-Trainer seit Sommer 2009.