DFL-Geschäftsführer Rettig will zurück in die Bundesliga
Frankfurt/Main (dpa) - Die Deutsche Fußball Liga verliert ihren Mann der Praxis: Geschäftsführer Andreas Rettig löst überraschend zum Sommer seinen Vertrag bei der DFL auf und will zurück in die Bundesliga.
„Mit Blick auf meine persönliche Lebensplanung bin ich ... zu dem Entschluss gekommen, dass ich meine Zukunft im Club-Fußball sehe. Ohne dass es bereits konkrete Überlegungen mit Blick auf kommende Aufgaben gibt, war es folgerichtig, keine Vertragsverlängerung anzustreben“, sagte der 51-Jährige in einer Pressemitteilung der DFL.
Nach Informationen des TV-Senders Sky Sport News soll Rettig ein Topkandidat für die Nachfolge von Eintracht Frankfurts Vorstandschef Heribert Bruchhagen sein. Dessen Vertrag endet 2016, der 66-Jährige will ihn nicht mehr verlängern. Die Eintracht wies allerdings umgehend diese Spekulationen zurück. „Ich führe keine Gespräche mit möglichen Nachfolgern von Heribert Bruchhagen. Dazu besteht derzeit kein Anlass, weil Heribert Bruchhagens Vertrag bis zum 30. Juni 2016 läuft und er diesen Vertrag erfüllen wird“, sagte Wilhelm Bender, der Aufsichtsratsvorsitzende des hessischen Bundesligisten,
Der Vertrag von Rettig bei der DFL wäre noch bis Ende 2015 gelaufen, der Kontrakt wird auf seine Bitte hin zum 30. Juni aufgelöst. De facto wird der frühere Club-Manager des SC Freiburg, des 1. FC Köln und des FC Augsburg seine Tätigkeit aber bereits von März an ruhen lassen - „im Sinne der Integrität des Wettbewerbs“, bevor es um die Lizenzen der Proficlubs für die neue Saison geht. Den Geschäftsbereich „Spielbetrieb und Lizenzierung“ soll dann kommissarisch Christian Seifert, der Vorsitzende der DFL-Geschäftsführung, leiten.
Rettig konnte erst im Dezember einen sportpolitischen Erfolg verbuchen, als er die Bundesliga-Vereine davon überzeugte, für die Einführung der Torlinientechnologie zu stimmen. Bei der Dachorganisation der 36 Proficlubs in Frankfurt/Main war er am 1. Januar 2013 als Nachfolger von Holger Hieronymus eingestiegen. Der gebürtige Leverkusener hatte bei seinem Amtsantritt in der Frankfurter DFL-Zentrale gemeint: „Ich wünsche mir, dass wir ein bisschen mehr über den Sport wahrgenommen werden, nicht nur als Vermarktungsverband.“
Bei Leverkusens Schwergewicht Reiner Calmund war Rettig einst in die Lehre gegangen. Der FC Augsburg war für sechs Jahre seine letzte Station bei einem Verein, dort ist der Posten nun belegt mit Stefan Reuter: Der Weltmeister von 1990 hat sich mit seiner Arbeit enormen Respekt verschafft. Augsburgs damaliger Clubchef Walther Seinsch nannte Rettig mal ein „Frontschwein“. Der umtriebige Macher wird jedenfalls wenig Mühe haben, mittelfristig wieder einen attraktiven Job im Profigeschäft zu finden. Hinter Ligapräsident Reinhard Rauball und Seifert war Rettig der starke dritte Mann bei der DFL. Er ist jemand, der sich in Aufgaben verbeißen, andere mit seiner Ungeduld und seinem Eifer mitunter jedoch auch etwas nerven kann.
Großes Ansehen genießt Rettig in Fankreisen: Als die Debatte um das umstrittene Sicherheitskonzept zu Beginn seiner Amtszeit längst hochgekocht war, da lud er Vertreter von Fanprojekten und - Gruppierungen - auch aus der Ultra-Szene - in die DFL-Zentrale ein. „Die vergangenen beiden Jahre bei der DFL waren lehrreich und interessant und haben mir nochmals einen erweiterten Blick auf den Fußball ermöglicht“, bilanzierte der scheidende Geschäftsführer.
„Andreas Rettig hat bei der DFL wichtige Impulse gesetzt - zum Beispiel mit Blick auf die Fan-Belange, aber auch die Einführung der Torlinien-Technik“, lobte Seifert. Ein Nachfolger Rettigs steht noch nicht fest. Wenn es nach den Clubs und Fußballfans geht, darf es gerne wieder einer sein, der wie Rettig im Hemd und mit Strickjacke statt im Anzug und mit Krawatte daherkommt.