Dialog statt Verbot: Task Force gegen Gewalt

Berlin (dpa) - Dialog statt Verbot: Von Null-Toleranz-Politik war am Ende kaum mehr die Rede. Sogar mit Hooligans wollen Spitzenvertreter aus Sport und Politik das Gespräch suchen.

Im Kampf gegen die Gewalt im Fußball gehen Theo Zwanziger & Co. plötzlich auf Kuschelkurs mit Fans und Polizei. Nach wochenlangen Kontroversen und lautstarken Forderungen aus der Politik nach harter Hand im Umgang mit Randalierern hätte ein Runder Tisch Lösungen präsentieren sollen.

Am Ende stehen wieder einmal viele Worte, ein neues Gremium und wenig konkrete Maßnahmen. Dennoch schlugen sich im Innenministerium in Berlin alle Protagonisten auf die Schulter. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB), die Deutsche Fußball Liga (DFL) und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) stellten am Montag eine Task Force vor, die sich um die Umsetzung eines gemeinsamen Programms kümmern soll. „Es gibt keine Sofort-Lösungen. Bisher eingeleitete Maßnahmen müssen optimiert werden“, sagte Liga-Präsident Reinhard Rauball.

Schärferen Sanktionen erteilte Rauball als Vertreter der 36 Proficlubs eine klare Absage: „Ich bin dafür, die Vorschriften nicht zu verschärfen. Das würde zu einer Kontra-Haltung führen, nämlich dass sich die Fans diesem Dialog versagen.“ Minister Friedrich hatte im Vorfeld der Debatte von strengeren Strafen gegen Hooligans gesprochen. Auch zahlreiche Innenminister der Länder hatten nach den jüngsten Ausschreitungen ein kompromissloses Durchgreifen gefordert.

Von einer häufig angedachten Beteiligung der Vereine an den hohen Polizeikosten hält Rauball nichts. „Wir sträuben uns dagegen, weil die öffentliche Sicherheit und Ordnung eine staatliche Aufgabe ist“, sagte Rauball und drohte diesbezüglich sogar mit einem Gang bis zum Bundesverfassungsgericht.

Schon vor eineinhalb Jahren hatten DFB, DFL und der damalige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) ein Zehn-Punkte-Programm gegen Gewalt präsentiert, dennoch kam es zuletzt in deutschen Fußballstadien und außerhalb der Arenen zu Ausschreitungen. Nun soll ein Expertengremium, in dem auch Vertreter von Fans, Verbänden und Justiz sitzen werden, die Bemühungen bündeln. „Die Task Force muss ad hoc Lösungsvorschläge präsentieren, die sachgerecht wirken“, sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger. „Es soll keine Dauerkommission werden, sondern sie soll konkret und schnell handeln.“ Wie oft sich das Gremium trifft und wann zum ersten Mal, blieb noch offen.

Einigkeit demonstrierten die Sport-Bosse und Politiker darin, Pyrotechnik weiterhin aus den Stadien zu verbannen. „Es ist nicht zu legalisieren, was nicht legal ist“, betonte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Hessens Ressortchef Boris Rhein (CDU). Die gesundheitlichen Risiken bei mehr als 1000 Grad heißen bengalischen Feuern seien zu groß.

Überhaupt bemühten sich alle Teilnehmer des Runden Tischs um Harmonie. Selbst Michael Gabriel von der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS), der als einziger Fanvertreter geladen war, lobte die Gespräche - im Vorfeld hatte er sich noch über scharfe Sanktionen zu Lasten der friedlichen Fans gesorgt. „Ich bin zufrieden, dass der Fan-Dialog betont wurde und ernst gemeint ist“, sagte Gabriel und ergänzte: „Wir müssen die Fans als Teil der Lösung einbeziehen.“

Ausdrücklich zu Gesprächen geladen wurden gewaltbereite Anhänger, die zuletzt etwa im DFB-Pokal bei den Partien Borussia Dortmund gegen Dynamo Dresden und Eintracht Frankfurt gegen den 1. FC Kaiserslautern für Eklats gesorgt hatten. „Der wichtigste Punkt ist der Dialog“, sagte Minister Friedrich, „und zwar auch mit gewaltbereiten Fans.“

Nach Vorstellung von Liga-Boss Rauball sollen in der Task Force mehr als ein Dutzend Vertreter von Sport, Politik und Fans sitzen. Den Vorsitz habe der DFB-Sicherheitsbeauftragte Hendrik Große Lefert, dazu kommen etwa Vertreter von DFL, Fan-Gruppierungen, Polizei und Justiz. „Eine Partei allein wird das Thema nicht lösen“, machte Rauball deutlich. „Dazu ist ein Schulterschluss nötig.“

„Gewalt ist nicht allein ein Problem des Fußballs und kann daher nur in einem engen Miteinander von Politik, Polizei, DFB und DFL, aber insbesondere auch der Justiz bekämpft werden“, sagte Rauball. Verband und Liga waren schon im Vorjahr auf die Polizei zugegangen, indem Spieltage am problematischen 1. Mai gestrichen wurden. Das soll auch in Zukunft so bleiben.