Vor Saisonstart Die Leiden des HSV: Kühne-Attacken sorgen für Unruhe

Hamburg (dpa) - Vor dem Duell der im Pokal blamierten Bundesligisten HSV und FC Augsburg herrscht in Hamburg eine aufgeheizte Stimmung.

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In einem Sky-Interview hat HSV-Investor Klaus-Michael Kühne erst Trainer Markus Gisdol, dann die Vereinsspitze und zuletzt Sportchef Jens Todt attackiert. Im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ legte er nach. Kühne kritisierte den Millionen-Transfer von Pierre-Michel Lasogga als „Flop des Jahrhunderts“ und rügte die Personalpolitik allgemein: „Der HSV ist ein Phänomen, weil die Luschen immer hier hängenbleiben.“

Damit herrscht schon vor dem ersten Anstoß im Volksparkstadion gewaltige Unruhe bei dem seit Jahren gegen den Abstieg kämpfenden und zudem klammen Nordclub. Der kann sich nur bedingt wehren gegen den Investor, der 17 Prozent der Anteile an der HSV Fußball-AG hält.

Dafür sprang Ex-Bundesliga-Profi Hans Sarpei mit deutlichen Worten in die Bresche. „Lieber Herr Kühne, Sie sind das Problem des HSV“, schrieb Sarpei dem Milliardär in einem offenen Brief, den die „Bild“-Zeitung veröffentlichte. „Es ist eine Schande, wie es Ihnen Jahr für Jahr gelingt, vor dem Saisonstart den HSV-Trainer oder die Führung zu degradieren“, betonte Ghanas Ex-Nationalspieler. Und riet dem 80-Jährigen dringend: „Ziehen Sie sich zurück.“

Dies schließt Kühne selbst nicht kategorisch aus. „Ich bin etwas frustriert und werde wesentlich zurückhaltender sein als bisher. Ich war einfach zu unkritisch“, sagte er dem „Spiegel“. Auf die Frage, ob er die finanzielle Unterstützung des HSV fortsetzen werde, meinte er: „Man soll nie nie sagen. Ich halte eine neue Motivation für nicht ausgeschlossen und bin nicht dogmatisch.“

In einem Rundumschlag hatte Kühne für Aufsehen gesorgt. Der Investor knöpfte sich Trainer, Manager und Vereinsführung vor und erklärte, was sie zu tun hätten, aber stets unterließen. Er habe „einiges zu beanstanden“: Gisdol müsse „mehr mit dem Team arbeiten“, Bruchhagen sei „auf der falschen Chaussee“ und Todt könne nicht gut verkaufen.

Das kommt dem Beobachter bekannt vor. Kühne-Vorstöße hatten sich schon gegen die Ex-Trainer Mirko Slomka und Bruno Labbadia sowie Sportdirektor Oliver Kreuzer gerichtet. Kurze Zeit später waren sie alle weg. Paradox: Ein Verein, der um Ruhe und Kontinuität auf den entscheidenden Posten geradezu fleht, schaufelt sich seine Gruben selbst, in die er regelmäßig stürzt. Fatal ist, dass es zu den Kühne-Finanzen keine Alternative gibt. Denn Kühne hat nach eigenen Angaben bisher 50 bis 60 Millionen Euro in den Verein gesteckt.

Der HSV reagierte am Freitagnachmittag mit einer offiziellen Stellungnahme durch Jens Todt. „Wir stehen uneingeschränkt hinter jedem einzelnen Spieler unseres Kaders. Wir befinden uns mit Herrn Kühne wie bisher in einem offenen und konstruktiven Austausch.“ Man freue sich nun auf den Liga-Start und konzentriere sich voll darauf.

Auch Gisdol und Bruchhagen behalten bei Kühnes Vorstößen Contenance, wohl wissend, dass sie den größten Geldgeber nicht verärgern dürfen. „Das finde ich gar nicht schlimm. Ich verstehe seine Sorgen“, sagte Gisdol. Bruchhagen merkte zumindest an, dass sich Kühne „nicht alle Dinge“ darstellen würden, die man beachten müsse. Wenn sie dürften, wie sie wollten, würden sich die Antworten wohl anders anhören.

In dieser wenig motivierenden Atmosphäre soll die Mannschaft mit einem Sieg gegen Augsburg zur Beruhigung der Lage beitragen. „Wir werden am Samstag eine andere Mannschaft auf dem Platz sehen“, versicherte Gisdol. Gemeint sind aber nicht andere Gesichter, sondern die Einstellung des Teams. Gisdol, der am Montag Konsequenzen angekündigt hatte, diese später aber relativierte, wunderte sich über den öffentlichen Aufschrei nach der 1:3-Pokalpleite in Osnabrück.

„Die Dynamik nach einer Niederlage ist schon einzigartig“, meinte er und formulierte an seinem 48. Geburtstag am Donnerstag einen Wunsch: „Dass wir den Pessimismus, der sich stark mit unserem Club verbunden hat, loswerden.“ Stattdessen forderte er „Zuversicht und Freude mit mehr Lächeln“. Derzeit ist den HSV-Fans das Lachen aber vergangen. Der seit Jahren anhaltende Spießrutenlauf für ihre Lieblinge scheint kein Ende nehmen zu wollen, schon wieder ist die Stimmung im Keller.

Seit vier Jahren spielt das Team hartnäckig gegen den Abstieg. Im Wesentlichen kicken auch in dieser Saison die, die im Vorjahr der Relegation geradeso entkommen konnten. Die Neuen Rick van Drongelen und André Hahn haben Talent, müssen aber erst beweisen, dass sie Verstärkungen sind. Ein Auftakterfolg gelang letztmals vor sieben Jahren: 2:1 gegen Schalke. Augsburg wartet in seiner siebenjährigen Zugehörigkeit zur 1. Liga sogar noch immer auf den ersten Startsieg. In den vergangenen fünf Jahren setzte es nur Niederlagen.