Drobnys Los: Bankdrücker trotz starker Leistungen
Hamburg (dpa) - Es gibt Momente, da hadern Torhüter mit ihrem Schicksal. Eine Mannschaft kann mit einem oder auch drei Stürmern, mit drei oder fünf Mittelfeldakteuren, mit einem oder zwei Sechsern spielen - bei den Torleuten aber gibt es keine taktischen Varianten.
Nur einer steht im Kasten - der Beste. Und der heißt beim Hamburger SV René Adler, ist Nationaltorhüter und die unumstrittene Nummer eins. Ist Adler verletzt, wie derzeit in der Saison-Vorbereitung, darf der Ersatzmann ran. Diese Aufgabe hat Jaroslav Drobny übernommen. Und das mit Bravour. Nur noch wenige Tage, dann muss er wieder ins zweite Glied zurück.
Drobny eilt der Ruf voraus, der beste zweite Torhüter der Fußball-Bundesliga zu sein. Sein Leistungsvermögen hat er im Test gegen den italienischen Rekordmeister Inter Mailand (1:1) am vergangenen Samstag erneut eindrucksvoll demonstriert. Der Tscheche hält auch Bälle, die andere als unhaltbar bezeichnen. In den meisten Vorbereitungsspielen der Hamburger stand der 33-Jährige zwischen den Pfosten - und strich reichlich Lob ein.
Am kommenden Sonntag, im Pokalspiel beim Thüringer Oberligisten SV Schott Jena, darf der sechsmalige Nationalspieler Tschechiens mit großer Wahrscheinlichkeit noch einmal ran. Eine Woche später zum Liga-Auftakt bei Schalke 04 soll aber Adler, der seinen Kapseleinriss im linken Knie überwunden hat, wieder zwischen den Pfosten stehen. In der vergangenen Saison durfte 1,92-Meter-Mann Drobny nur zweimal das Tor hüten. „Es ist mein Job, da zu sein, wenn ich gebraucht werde“, lautet Drobnys Credo. Kein Wehklagen, keine Proteste, keine Drohungen. „Er ist eine coole Socke“, meint Trainer Thorsten Fink.
Dabei wäre es nur nachvollziehbar, wenn Drobny wegen erzwungener Untätigkeit mal auf die Pauke haute. 2010 ist er von Hertha BSC nach Hamburg geholt worden, um Stammtorhüter zu werden. Nummer eins blieb aber Frank Rost. Dann wurde er nach dessen Abschied 2011 Stammkraft, doch eben nur für eine Saison - bis Adler kam. Drobny schweigt trotzdem. Nicht nur, da er in Zeitungen „völlig aus dem Zusammenhang gerissen“ zitiert werde, wie er dem „Hamburger Abendblatt“ in einem der seltenen Interviews gestand, auch aus Selbstschutz: „Am meisten ärgere ich mich nach einem Fehler über mich selbst. Ich könnte dann durchdrehen. Auch deswegen war es vielleicht für alle besser, als ich nach dem Spiel manchmal keine Interviews gegeben habe.“ Erst vor wenigen Wochen wurde der Vertrag mit Drobny um zwei Jahre verlängert. Dafür hat er Gehaltseinbußen hingenommen. Rund eine Million Euro soll er jetzt bekommen, immer noch ein guter Schnitt. Wie es dann weitergeht, ist offen. Vielleicht schlägt aber noch einmal Drobnys Stunde als Nummer eins in Hamburg.