Dufner: „Das bringt mein Blut richtig in Wallung“
Hannover (dpa) - Der Umbau beim Fußball-Bundesligisten Hannover 96 ist noch nicht abgeschlossen. Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa kündigt der neue Sportdirektor Dirk Dufner weitere Veränderungen an.
Auch sein alter Club SC Freiburg lässt Dufner noch nicht los, vehement wehrt er sich gegen Kritik an ihm wegen der vielen Spieler-Abgänge.
Ist die Kaderplanung nach vier Zugängen bei Hannover 96 abgeschlossen?
Dufner:„Nein. Es wird sich im Kaderbereich sicherlich noch etwas tun. Es ist ja bekannt, dass wir gerade im Sturm noch die eine oder andere Unsicherheit haben. Da werden wir eventuell noch reagieren und einen Stürmer mit einer langfristigen Perspektive verpflichten. Dann ist bei Johan Djourou die Frage, ob er bleibt oder nicht. Sollte er nicht bleiben, können wir uns vorstellen, auch in der Innenverteidigung noch einmal aktiv zu werden. Dann ist die Frage, ob wir auch noch mal ein, zwei, drei Spieler abgeben.“
Hängen die Unwägbarkeiten im Sturm nach wie vor an Mame Diouf?
Dufner:„Stand heute sind wir nach wie vor gut aufgestellt mit den Stürmern, die wir haben. Wenn wir für Mame Diouf ein sehr, sehr gutes Angebot bekommen, brauchen wir natürlich auch einen richtig guten Stürmer als Ersatz. Haben wir keine echte Alternative, dann bleibt er. Selbst wenn er wechseln möchte. Das entscheiden wir dann. Aber unser Wunsch ist es, daran arbeiten wir seit einiger Zeit bereits, dass er verlängert.“
Welche ihrer Verpflichtungen bei 96 hat denn eine Ausstiegsklausel?
Dufner:„Keiner. Über diesen Begriff wurde im Zusammenhang mit mir und dem SC Freiburg viel Unwahres geschrieben. Das bringt mein Blut richtig in Wallung.“
Wieso?
Dufner:„Weil in Freiburg seit Wochen und Monaten über nichts anderes mehr gesprochen wird als über vier Ausstiegsklauseln, die jeder andere Verein in dieser Größenordnung auch hat. In Freiburg gibt es nur die Situation, dass alle Spieler ihre Ausstiegsklauseln nutzen, um den Verein zu wechseln, weil sie in Freiburg im Verhältnis wenig verdienen. Natürlich ist da auch die Problematik, dass sich nach einem erfolgreichen Jahr viele für deine Spieler interessieren und nun eben in Freiburg relativ viele Spieler gehen. Das mussten wir aber jedes Jahr wieder auffangen und das ist uns auch jedes Jahr wieder gelungen. Durch dieses System hat der Verein wahnsinnig viel Geld verdient. Dieses Jahr auch wieder. Trotzdem war er auch immer wieder sportlich erfolgreich. Mich stört, wie einige Dinge nach meinem Weggang dargestellt wurden. Das kann ich null nachvollziehen. Fakt ist: Der Sportclub ist auch dank der Spieler mit Ausstiegsklauseln Fünfter geworden, spielt Europa League und ist wirtschaftlich richtig gut aufgestellt.“
Gibt es Spieler wie Leonardo Bittencourt von Borussia Dortmund denn nur mit einer Rückkaufklausel?
Dufner: „Das haben die Dortmunder von Real Madrid gelernt. Der BVB nutzt das inzwischen gern bei der Vertragsgestaltung. Das ist natürlich nicht ideal. Aber dafür haben wir Bittencourt ja auch günstiger bekommen, als in den Zeitungen steht. Wenn wir ihn nach zwei Jahren an Dortmund zurückgeben müssen, dann bekommen wir auch noch einmal eine richtige Summe. Dann hättest du zwei Jahre lang einen Spieler gehabt, der dich richtig weitergebracht hätte, sonst würde Dortmund ihn ja nicht zurückholen und hättest für den Spieler praktisch nichts bezahlt. Und wenn Dortmund ihn nicht zurückholt, dann gehört er uns ganz.“
Werden Transfers angesichts neuer Klauseln immer komplizierter?
Dufner:„Nein. Es gibt nicht so viele komplizierte Konstellationen. Ein Rückkaufrecht ist jetzt nicht so kompliziert. Kompliziert sind oft Berater, die unbedingt wollen, dass eine Ausstiegsklausel drin ist. Dann tust du dich wahnsinnig schwer, wenn du einen Spieler unbedingt haben willst. Wenn der noch ein, zwei andere Angebote hat, kannst du dir überlegen: Nimmst du ihn oder nimmst du ihn nicht? Kein Sportdirektor dieser Welt hat gerne Ausstiegsklauseln in seinen Verträgen. Du kämpfst immer dafür, dass sie nicht drin sind.“
Kann nur Bayern München auf Ausstiegsklauseln verzichten?
Dufner:„Wenn du am Ende der Nahrungskette bist, also wenn du bei einem Verein so viel Geld verdienst, dann verzichtest du auch auf eine Ausstiegsklausel.“
Durften sie keine Spieler aus Freiburg holen?
Dufner:„Doch. Die hatten nur alle keine Ausstiegsklauseln.“
Man kann sie ja auch ohne Ausstiegsklausen holen.
Dufner:„Nein, nicht die Spieler, die grundsätzlich interessant wären. Die sind einfach zu teuer. Die haben alle recht langfristige Verträge.“
Sie haben vier Spieler für gut acht Millionen Euro geholt. Wie hoch ist der Druck da für sie, dass diese Spieler einschlagen?
Dufner:„Die genannte Summe ist deutlich zu hoch. Es ist aber richtig, dass alle Spieler Geld gekostet haben und dass das kein risikofreies Investment ist. Das sind keine geringen Summen. Das sind aber alles Spieler, von denen wir überzeugt sind. In unseren Augen haben sie Entwicklungspotenzial, aber können der Mannschaft auch sofort helfen. Da ist vom Transferwert her Entwicklungspotenzial vorhanden. Natürlich geht es im Fußball nicht ohne Risiko. Du kannst natürlich auch einen 29 Jahre alten Spieler holen für relativ wenig Geld, weißt aber, was du hast. Dann hast du eine Garantie aber auch: Geld wirst du mit ihm nie verdienen.“
In der vergangenen Saison gab es nicht nur zwischen Manager und Trainer Irritation, sondern offensichtlich auch innerhalb der 96-Mannschaft. Inwieweit ist das überwunden?
Dufner:„Bislang war die Mannschaft noch im Urlaub, von daher kann ich dazu nicht viel sagen. Ich habe aber zum Ende der vergangenen Saison bereits den Eindruck gewonnen, dass die Spieler auch froh sind, dass es einen Neuanfang gibt. Mirko Slomka und ich arbeiten sehr gut miteinander, wir haben einen schnellen und direkten Austausch.“
Ihr neuer Präsident Martin Kind plaudert ungewohnt viel über Transfers und den Kader. Muss er sich erst noch daran gewöhnen, dass er jetzt einen neuen Sportdirektor hat?
Dufner:„Das hat Martin Kind ja nicht exklusiv, dass sich Präsidenten das Recht herausnehmen, zu gewissen Dingen etwas zu sagen. Bei unserem Präsidenten ist es so, dass er Journalisten offen und ehrlich antwortet. Wir kommen beide sehr gut miteinander klar. Ich hatte schon ein paar Präsidenten: Wildmoser, Mayer-Vorfelder. Auch mein leider verstorbener Präsident in Freiburg, Achim Stocker, war ein Original auf seine Weise. Die haben alle ihre Eigenheiten.“
Wie sieht die Zielsetzung bei 96 aus? Die Fans waren zuletzt ja schon sehr verwöhnt und die Stimmung in der Rückrunde wurde schlechter.
Dufner:„Das kann ich auch nachvollziehen. Denn das, was die Mannschaft vorher ausgezeichnet hat, ist ein Stück weit verloren gegangen: Dieser Siegeswille, diese Kampfstärke, dieses schnelle Umschalten. In den europäischen Wettbewerb zu kommen, ist kein Selbstläufer. Ich glaube auch nicht, dass man das jedes Jahr ernsthaft von Hannover 96 erwartet. Was man erwarten kann, ist, dass man sich kontinuierlich weiter entwickelt und einen attraktiven Fußball spielt. Das werden wir versuchen. Wenn dabei ein europäischer Wettbewerb bei raus springt, dann ist das super. Aber es ist eben nicht jedes Jahr planbar. Es ist für uns nach wie vor ein großer Erfolg, wenn wir einen einstelligen Tabellenplatz erreichen.“
Werden sie es beibehalten, während der Spiele auf der Bank zu sitzen?
Dufner:„Ich habe das damals auch aufgrund der allgemeinen Situation zuvor zwischen Schmadtke und Slomka gemacht, weil ich fand, es macht Sinn, gemeinsam aufzutreten. Aufgrund der Konstellation habe ich mich damals dazu entschieden und werde das mit den Erfahrungen der letzten Spiele der vergangenen Saison beibehalten. Dadurch bin ich auch während der Spiele nah dran.“