Erfolgsmodell: Bundesliga feiert den 50.
Berlin (dpa) - Zum 50. Geburtstag steckt mancher in der Midlife-Crisis. Nicht so die Fußball-Bundesliga. Die Eliteklasse ist attraktiv, erfolgreich und finanziell im Aufwind. Gefeiert wurde das am Monatsanfang.
Am 24. August, dem eigentlichen Geburtstag, steht ein profaner Spieltag an.
Unter einer Meisterschale im Mega-Format als Deckendekoration saßen Uwe Seeler und Rudi Völler im Festsaal eines Nobelhotels und steckten die Köpfe zusammen. Die Helden vergangener Bundesliga-Tage hatten sich einiges zu erzählen an diesem schwülen August-Abend in Berlin. In illustrer Runde befanden sich die Fußball-Helden von einst, denn zur 50. Geburtstagsparty der Bundesliga waren fast alle Größen der Branche gekommen. „Nach 50 Jahren habe ich das Gefühl, die Bundesliga ist auf dem Höhepunkt“, gab Bundestrainer Joachim Löw die allgemeine Stimmungslage bei der Fete am 6. August wieder.
Am Samstag wird wieder manch Loblied gesungen werden auf des deutschen liebstes Sportformat. Dann ist es exakt 50 Jahre her, dass in acht deutschen Städten erstmals der Fußball mit dem Markennamen Bundesliga rollte. Der Dortmunder Timo Konietzka schoss gegen Bremen das erste Tor, dennoch gab es eine 2:3-Niederlage, was den heutigen BVB-Chef und Ligapräsidenten Reinhard Rauball damals „schmerzte“.
Zeitzeuge Seeler erinnert sich genau, wie er mit seinem Hamburger SV zum Auswärtsspiel zu Preußen Münster reiste. Auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach denkt nostalgisch an die Anfangszeiten zurück, als es „noch schwierig war, während der Spiele die Halbzeitstände aus anderen Stadien zu erfahren“.
Diese Zeiten sind wahrlich vorbei. Alle Partien sind live zu sehen, im Fernsehen und neuerdings auch auf mobilen Geräten. Die TV-Honorare sind explodiert, von 647 000 D-Mark in der Saison 1965/66 auf jene 628 Millionen Euro, die der Abosender Sky im Mittel der kommenden vier Jahre überweist.
Die Profivereine haben sich 2001 als Ligaverband mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) vom Mutterschiff Deutscher Fußball-Bund (DFB) emanzipiert. DFL-Geschäftsführer Christian Seifert spricht offensiv von einer nötigen Umsatzsteigerung der Clubs von derzeit mehr als zwei Milliarden Euro in den kommenden Jahren, um die internationale Konkurrenz weiter anzugreifen.
Das Champions-League-Finale zwischen Bayern München und Borussia Dortmund (2:1) hat weiteren emotionalen wie ökonomischen Rückenwind gebracht. Im gesamten Ausland wird die Bundesliga gelobt: „Tolle Infrastruktur, tolle Stadien, viele Zuschauer, große Begeisterung, viel Spielfreude“, sagte Löw.
Der sportlich spannende Wettkampf macht für Rauball die größte Attraktivität der Liga aus. Deshalb konnte auch nicht wie geplant am 24. August selbst in einer Top-Location am Frankfurter Flughafen groß gefeiert werden. Es regte sich Widerstand aus einigen Clubs, die an diesem Samstag oder am folgenden Sonntag in der Liga antreten müssen. Also wurde die Feier auf den 6. August, den Vorabend der Generalversammlung des Ligaverbandes, verlegt.
Im feierlichen Ambiente gingen die Blicke zurück. Der 1. FC Köln hatte einen Startbonus. Ein Pionier und Visionär der ersten Stunde war ihr Präsident Franz Kremer. Dass die „Geißböcke“ 1964 auch erster Bundesliga-Meister wurden, war für Seeler keine Überraschung. „Die wussten, dass die Bundesliga kommt, die waren am besten vorbereitet.“
Dauerhaften Vorteil konnten die Kölner nicht ziehen. Sieben verschiedene Titelträger in den ersten sieben Jahren zeugen von großer Konkurrenz. Erst in den 70er Jahren begann das Duell zwischen der legendären „Fohlen-Elf“ von Borussia Mönchengladbach und dem FC Bayern München um Franz Beckenbauer, Gerd Müller & Co, die sich die nächsten sieben Titel aufteilten. Mit Gladbachs Herrlichkeit war es 1977 wieder vorbei, der Rekord-Club Bayern dominiert die Liga weiter.
Dem 1. FC Nürnberg unterlief das einmalige Missgeschick, als Meister des Jahres 1968 eine Spielzeit später abzusteigen. Den umgekehrten Weg - als Aufsteiger Meister zu werden - schaffte nur der 1. FC Kaiserslautern 1998.
Einige Bestmarken scheinen auf lange Sicht unumstößlich. Keiner schoss mehr Tore als „Bomber“ Gerd Müller (365) für den FC Bayern. Keiner absolvierte mehr Spiele als der „treue Charly“ Karl-Heinz Körbel (602) für Eintracht Frankfurt. Die meisten Zuschauer kamen ins Berliner Olympiastadion: 88 075 Fans sahen am 26. September 1969 die Partie zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Köln. Auch der Minusrekord wurde in der Hauptstadt aufgestellt. Nur 827 Fans verfolgten am 15. Januar 1966 das Spiel Tasmania Berlin gegen Borussia Mönchengladbach.
Immer in Erinnerung bleiben die Dramen der Bundesliga: Das Herzschlagfinale um Schalkes Meister der Herzen 2001 oder der Kampf der Frankfurter Eintracht 1999, als ein Tor in letzter Minute den Hessen den nicht für möglich gehaltenen Klassenverbleib sicherte - und wieder einmal Nürnberg in den Abgrund stürzte.
Krisenzeiten hatte die Top-Klasse zu überstehen. Prekär war die Lage nach dem Bundesliga-Skandal. Horst-Gregorio Canellas, Präsident der Offenbacher Kickers, machte die Bestechung bei 18 Spielen im Abstiegskampf der Saison 1970/71 publik. Spieler, Trainer und Funktionäre wurden überführt, Arminia Bielefeld und Offenbach wurde die Lizenz entzogen.
1973 war der Tiefpunkt mit einem Schnitt von gut 16 000 Besuchern pro Partie erreicht. Erst der WM-Gewinn 1974 brachte die Wende zum Besseren. Der Schiedsrichter-Skandal um den bestechlichen Referee Robert Hoyzer 2005 verdeutlichte gut 30 Jahre später wieder, dass das Traumgeschäft Fußball nicht vor kriminellen Machenschaften gefeit ist. Der Boom um die Sommermärchen-Heim-WM 2006 machte den Schandfleck aber schnell vergessen. Zu ihrem 50. Geburtstag strahlt die Bundesliga in hellem Schein.