Ex-Bundesligaprofi Zeyer: Gastronom mit Michelin-Stern

Stuttgart (dpa) - Die Spielwiese von Michael Zeyer erstreckt sich heute über rund 350 Quadratmeter. Der frühere Bundesligaprofi hat in der Gastronomie seine neue Heimat gefunden.

Seit April 2011 führt er als einer von zwei Geschäftspartnern das „5“, eine Kombination aus Café, Bar und Restaurant in bester Stuttgarter Innenstadtlage. Seit Ende des vergangenen Jahres ist das Lokal sogar mit einem Michelin-Stern dekoriert. „Ich habe mich immer für Dinge des guten Geschmacks interessiert“, erzählt der 44-Jährige, der nach Stationen unter anderem beim SC Freiburg, VfB Stuttgart und MSV Duisburg eine für Fußballrentner ungewöhnliche Karriere gemacht hat.

Vor nicht allzu langer Zeit galt es bei einigen ehemaligen Profikickern als schier unverzichtbar, einen Lotto-Toto-Laden oder eine Sportskneipe zur Altersvorsorge aufzumachen. Oft mit durchwachsenem Erfolg. Zeyer ging einen anderen Weg. „Ich bin das Risiko eingegangen, im Anschluss an meine Karriere nicht direkt im Sport zu bleiben“, sagt der Bruder des ehemaligen Bundesligaprofis Andreas Zeyer. „Ich habe eine Auszeit gebraucht.“

Anstatt einen Job als Manager oder Trainer zu suchen, entschied sich der frühere Mittelfeldspieler nach seinem Laufbahnende für die Verwirklichung eines Traums: Er machte eine verkappte Weltreise. Seine Tour führte ihn nach Island, Russland, Südafrika und Spanien. Auf Vermittlung eines Freundes kickte Zeyer sogar noch kurz beim isländischen Club Ungmennafélag Grindavíkur.

Die Grundlage für die Laufbahn abseits des Rasens legte er bereits in den letzten Zügen seiner Profikarriere: Zeyer studierte BWL, davon sogar eine Weile an der Universität in St. Petersburg, weil er sich „immer für Osteuropa“ interessiert hat, wie der ehemalige Dribbler erklärt. „Der Einstieg als Berufsneuling war aber schwer“, betont Zeyer, der 1998 mit Duisburg im DFB-Pokalfinale stand.

Denn der Alltag in der Gastronomie ist anstrengend. Zusammen mit Geschäftspartnerin Anja Dold führt Zeyer nun das Lokal, das an Ort und Stelle von Stuttgarts altem Bahnhof beheimatet ist. Davon zeugen noch die mächtigen Stahlträger im ersten Stock, wo das sonst modern eingerichtete Restaurant liegt. Als „chic und ungezwungen“ würdigten die Michelin-Inspektoren das Lokal.

In der transparenten Küche hat allerdings Marc Müller das Sagen. Der gebürtige Solinger ist seit Anfang 2012 der Boss hinter den Töpfen. Zuvor hat er Stationen in namhaften Lokalen wie dem „El Bulli“ von Ferran Adrià an der Costa Brava oder dem „Noma“ in Kopenhagen durchlaufen. „Wir entwicklen uns ständig weiter“, schätzt Müller seine Arbeit im „5“.

Große Eingriffe in die Speiseplangestaltung seitens der Geschäftsführung muss er nicht fürchten. „Er verkörpert das, was ich mir vorstelle“, sagt Zeyer zur Avantgarde-Küche seines Chefkochs und ergänzt: „Ich selber kann gar nicht kochen. Mir fehlt das Filigrane, das Künstlerische.“