FC Bayern ordnet Machtzentrum neu
München (dpa) - Nach dem spektakulären Rücktritt von Uli Hoeneß ordnet der FC Bayern sein Machtzentrum neu - und hält dem verurteilten Steuerbetrüger die Tür für eine Rückkehr offen.
„Uli Hoeneß wird immer die Seele des Vereins sein. Was auch immer er machen will, alles ist möglich“, sagte Aufsichtsrat Edmund Stoiber. Zunächst aber muss Hoeneß noch ein wenig vor den Staatsanwälten zittern. Am Montag wollen die Ankläger entscheiden, ob sie im Gegensatz zum 62-Jährigen das Urteil des Münchner Landgerichts anfechten und eine härtere Strafe erzwingen wollen. Hoeneß hatte am Freitag das Urteil von dreieinhalb Jahren Haft akzeptiert, weil er mindestens 28,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen hat.
Als Präsident des deutschen Fußball-Rekordmeisters soll der 61 Jahre alte Karl Hopfner die Nachfolge des Bayern-Patriarchen antreten. Der von Stoiber geführte Verwaltungsbeirat schlug den früheren Finanzvorstand als neuen Vereinschef vor. Neuer 1. Vizepräsident soll Rudolf Schels werden, zweiter Vize Dieter Maier. Entscheiden wird eine außerordentliche Mitgliederversammlung am 2. Mai in München.
Wie lange die graue Eminenz Hopfner dann regiert, könnte wohl auch von Hoeneß und seinem Willen zu einem Comeback nach der Haft in der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech abhängen. „Ich hoffe, dass ich das noch erleben darf, dass er zurückkommt“, sagte Star-Trainer Pep Guardiola. Der Spanier hat einen Vertrag bis 2016. „Uli Hoeneß wird dem Verein im Hintergrund erhalten bleiben. Seinen Instinkt und seine wirtschaftliche Kompetenz braucht der Verein“, vermutete der frühere Bayern-Erfolgscoach Ottmar Hitzfeld.
Den Aufsichtsratsvorsitz von Hoeneß hatte bereits am Freitag bis auf weiteres Adidas-Chef Herbert Hainer übernommen. „Der Verein hat sehr gut, sehr schnell und mit den richtigen Leuten reagiert“, kommentierte Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer.
Noch mehr dürfte es künftig auf die Entscheidungen von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ankommen. „Wir müssen natürlich dafür sorgen, dass wir weiterhin stabil sind. Es wird nicht einfach sein, einen Mann wie Uli Hoeneß an der Spitze so ohne weiteres zu ersetzen“, bekannte Rummenigge. Aufsichtsrat Helmut Markwort indes versicherte: „Die wirtschaftliche und sportliche Situation des FC Bayern ist auch dank der Lebensleistung von Uli Hoeneß ungebrochen. Es ist keine Vereinskrise.“
In der Liga zumindest ist die Hoffnung auf eine Talfahrt des Branchenführers im Sog der Hoeneß-Affäre gering. „Das Wichtigste, das Uli Hoeneß geschafft hat, ist die finanzielle Basis des Vereins“, verwies Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler am Sonntag im TV-Sender Sport1 auf die prallen Geldspeicher des FC Bayern. Auch Manager Klaus Allofs vom VfL Wolfsburg und sein Schalker Kollege Horst Heldt erwarten keine negativen Auswirkungen für den Triple-Sieger. „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“, meinte Heldt.
Die Rücktritt von Hoeneß nötigte auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble „Respekt“ ab, wie der CDU-Politiker der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ sagte. Das Urteil zeige, „dass die Rechtsordnung in Deutschland für jedermann gilt“, fügte Schäuble hinzu. „Trotzdem ahne ich, wie schwierig die Situation jetzt für Uli Hoeneß und seine Familie ist.“
„Uli Hoeneß hat die Bundesliga geprägt. Es ist sicherlich eine Tragödie“, meinte Werder Bremens Geschäftsführer Thomas Eichin. „Für mich ist Uli Hoeneß immer die Mutter aller Manager gewesen“, bemühte Sportvorstand Fredi Bobic vom VfB Stuttgart einen etwas seltsamen Vergleich. „Es ist natürlich schon so, dass eine Führungsqualität verloren gegangen ist“, erklärte Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl.
Das entstandene Vakuum in der Vereinsspitze will der FC Bayern möglichst schnell füllen. „Wir wollen überhaupt nicht in eine lethargische Phase verfallen“, mahnte Sportvorstand Sammer. Den Übervater Hoeneß zu kopieren sei zwar nicht möglich. „Ich habe aber ein gutes Gefühl in unserem Vorstand“, sagte Sammer und betonte: „Es ist keine Stunde null, der Geist von Uli bleibt.“