Glücksfall Sandro Wagner: Vom Ladenhüter zum Torjäger

Darmstadt (dpa) - Am Samstag gastieren die „Lilien“ mit Sandro Wagner bei den Bayern. „Natürlich ist das ein besonderes Spiel für mich“, sagt der Angreifer. „Aber auch da geht es nur um drei Punkte.“

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Er kam in München zur Welt. Er machte seine ersten Schritte als Profi beim FC Bayern. Und obwohl er beim SV Darmstadt 98 gerade die beste Bundesliga-Saison seiner Karriere spielt, ist die bayerische Landeshauptstadt seit vergangenem Sommer Hauptwohnsitz seiner Familie. Es ist der beiden Kinder wegen, die nicht dauernd den Kindergarten wechseln sollen.

Wagner blickt mit seinen 28 Jahren bereits auf eine bewegte Karriere zurück. Früh feierte der hochgewachsene Stürmer Erfolge, doch in den vergangenen Jahren lief es schlecht. Mit 19 debütierte er 2007 unter Ottmar Hitzfeld bei den Bayern-Profis. Für Zweitligist MSV Duisburg, wo er von 2008 bis 2010 unter Vertrag stand, erzielte er zwölf Tore. In diese Zeit fiel auch der Gewinn der U21-Europameisterschaft.

Im Finale fegte die deutsche Elf den englischen Nachwuchs mit 4:0 vom Platz, wobei Wagner doppelt traf. Der „Daily Telegraph“ schrieb danach in Anspielung auf den Komponisten Richard Wagner von einer „Götterdämmerung“, in der Sandro Wagner als Walküre in Englands Defensive Chaos und Verwüstung angerichtet habe.

Mit Wagner im Team standen heutige Topstars wie Manuel Neuer, Jerome Boateng, Mats Hummels, Sami Khedira oder Mesut Özil. Für Wagner ging es dagegen bergab. „Ich bin keiner, der sich Gedanken macht, wo man falsch abgebogen ist“, sagte er kürzlich in einem Interview des Fernsehsenders SPORT1. „Ich habe einen guten Weg hingelegt. Viele würden mit mir tauschen. Ich habe noch gute Jahre vor mir.“

Mehr als 100 Bundesliga-Spiele hat Wagner bislang absolviert. Für Bayern und Kaiserslautern traf er gar nicht, bei Hertha BSC schaffte er in 40 Partien gerade zwei Tore, bei Werder Bremen waren es in 30 Partien fünf Treffer. In Darmstadt benötigte er für seine bislang sieben Liga-Treffer lediglich 20 Partien.

Für diesen Erfolg gibt es vor allem zwei Faktoren. Zum einen ist da Darmstadts Trainer Dirk Schuster, der ein Händchen dafür hat, vermeintlich gescheiterte Spieler wieder in die Spur zu bringen. Das Zwischenmenschliche spielt dabei eine große Rolle, wie Wagner mehrfach betont hat: „In Darmstadt nimmt sich keiner wichtiger als er ist.“ Zum anderen kommt Wagner die Spielanlage des Aufsteigers entgegen. Der 1,94-Meter-Mann kann die hohen und weiten Bälle behaupten und verfügt über ein gutes Stellungsspiel.

Vom Spielertyp her würde Wagner gut nach England passen - und dort sind seine Leistungen auch nicht unbemerkt geblieben. In der Winterpause wurde gemunkelt, dass es ein Zehn-Millionen-Euro-Angebot von der Insel gebe - eine Wahnsinnssumme für einen Spieler, dessen Wert im Sommer noch auf 500 000 Euro taxiert worden war. Wie konkret das Werben tatsächlich war, ist unklar. Wagner selbst machte den Spekulationen ein Ende: „Ich bin erst ein halbes Jahr hier. Und es wäre zu früh, zu gehen. Wir haben ja noch eine Aufgabe.“