Gnadenfrist für Kurz - Kuntz: „Schlafen schlecht“

Kaiserslautern (dpa) - Stefan Kuntz wirkte hin- und hergerissen. Auf der einen Seite war der Vorstandsvorsitzende des 1. FC Kaiserslautern nach dem 0:0 gegen den VfL Wolfsburg froh, seinen Trainer Marco Kurz nicht entlassen zu müssen.

Auf der anderen Seite wusste der FCK-Boss ganz genau, dass der eine Punkt gegen harmlose „Wölfe“ nicht den Aufbruch verkörperte, den sich alle Beteiligten in der Pfalz nach einer der kompliziertesten Wochen der Vereinsgeschichte erhofft hatten.

14 Spiele ohne Sieg, erstmals in dieser Saison Tabellenletzter und erneut kein Tor erzielt - die Situation bei den Roten Teufeln spitzt sich weiter zu. Und dennoch spürte man bei Kuntz eine gewisse Erleichterung. Ein bisschen aufgedreht wie ein Schüler, der vom Pausenklingeln gerade noch vor einer komplizierten Frage des Lehrers gerettet wurde, wirkte der Europameister von 1996. Fast eine Stunde hatte er sich Zeit gelassen, ehe er sich den Medienvertretern stellte und den entscheidenden Satz sprach. „Der Trainer bleibt.“

Als er die Worte sagte, auf die alle gewartet hatten, schien eine Last von ihm zu fallen. Doch schon in dieser Woche wird sich die Verantwortung wieder zentnerschwer auf seinen Schultern ballen. Denn zur Beruhigung der aufgebrachten Pfälzer Fußball-Seele taugte der Auftritt des FCK vor 34 110 Zuschauern nur bedingt. Eine Niederlage am Freitag in Stuttgart und Kuntz käme kaum noch umhin, seinen Coach zu entlassen. „Wir wissen alle, dass das ein Tagesgeschäft ist.“

Der erste Punkt nach zuvor vier Niederlagen verschaffte Kurz zumindest eine kleine Verschnaufpause, zumal sein Team immerhin kämpferisch überzeugte. „Das war alles andere als ein blutleerer Auftritt“, sagte Kapitän Christian Tiffert und hatte damit recht. Eine Woche nach dem 0:4-Debakel im Derby beim FSV Mainz 05 und den antisemitischen Beschimpfungen gegen den Israeli Itay Shechter warfen die Gastgeber alles in die Waagschale, was sie hatten.

Doch zugleich lieferte die fußballerisch erneut ungenügende Leistung wenig Argumente, warum man sein Geld auf den Klassenverbleib des FCK setzen sollte. Was dafür spreche, dass sein Club den Abstiegskampf erfolgreich bewältige, wurde Kuntz gefragt. Sein Zögern vor der Antwort verriet, dass auch er seine Zweifel hat. „Auch wir schlafen schlecht und machen uns Sorgen“, sagte er später im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF.

Seit fast vier Jahren ist der 49-Jährige nun der starke Mann auf dem Betzenberg, in dieser Zeit hat er den Verein nicht nur vom Tabellenende der Zweiten Liga zurück in die Eliteklasse geführt, sondern auch wirtschaftlich und gesellschaftlich konsolidiert. „Es ist klar, dass man in den vier Jahren auch Leuten auf die Füße getreten ist“, sagte Kuntz.

Eben diese Menschen sind es, die nun in der größten Krise seit Kuntz' Amtsantritt „aus ihren Löchern kommen“ und das lange Zeit so erfolgreiche Duo Kuntz-Kurz attackieren. „Ich bin sicherlich auch nicht ohne Fehler, aber ich habe ein reines Gewissen. Alles, was wir entscheiden, ist im Sinne des FCK“, sagte der FCK-Boss. „Und ich weiß nicht, ob das bei allen der Fall ist, die sich jetzt zu Wort melden.“

Die erschreckende Harmlosigkeit des FCK war aber auch am Samstag wieder Wasser auf die Mühlen aller Kritiker. „Wir müssen einfach Tore machen“, sagte Kurz, der trotz des Teilzeit-Treuebekenntnisses angeschlagen wirkte. Mickrige 16 Törchen haben die Lauterer bislang erzielt, so viele wie der im Sommer abgewanderte Srdjan Lakic in der vergangenen Saison allein. Und dennoch hält Kuntz weiter zum Trainer und bemüht zur Begründung einen Blick in die Historie. „In den beiden Jahren, in denen der FCK abgestiegen ist, wurde jeweils der Trainer getauscht. Geholfen hat es nicht.“