Gräben auf Schalke werden immer tiefer

Gelsenkirchen (dpa) - Der Fehlstart ins neue Jahr ist perfekt, das Experiment mit dem schwäbischen Trainer-Novizen Jens Keller wohl zum Scheitern verurteilt.

Nach dem bitteren 1:2 (0:0) gegen Bundesliga-Schlusslicht SpVgg Greuther Fürth wurden beim FC Schalke 04 die Gräben zwischen Fans, Team und Clubführung um Manager Horst Heldt überdeutlich. Dass ausgerechnet die seit zuvor in 17 Spielen sieglosen Franken mit den Schalker Urgesteinen Mike Büskens und Gerald Asamoah in der Veltins-Arena triumphierten, macht die Krise für die Königsblauen fast noch unerträglicher.

Jermaine Jones ging nach der Blamage auf die eigenen Anhänger los. Dass der frühere Publikumsliebling Asamoah bei seiner Auswechslung in der 84. Minute von den Schalke-Fans mit Applaus und Sprechchören gefeiert wurde, war für den Mittelfeldspieler inakzeptabel. „Bei allen Verdiensten von Gerald für Schalke: Es kann nicht sein, dass er von unseren Fans gefeiert wird, während wir runtergepfiffen und kaputt gemacht werden“, giftete Jones, und legte nach: „Ich bin jetzt seit sechs Jahren hier. Jedes Jahr versucht man, hier etwas aufzubauen. Und egal, wie der Trainer heißt, man wird runtergemacht. Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn bei den Spielern das Selbstvertrauen fehlt.“

Dabei hatte der Champions-League-Achtelfinalist nach der Führung durch den Kracher von Neuzugang Michel Bastos (47.) alle Trümpfe in der Hand. Doch erneut brachte sich der Revierclub mit unerklärlichen Defensiv-Aussetzern um die Früchte der laut Keller so erfolgreichen Trainingsarbeit. Felix Klaus (52.) traf zum 1:1, und Fürths Eine-Million-Euro-Wintereinkauf Nikola Djurdjic machte in der Nachspielzeit die Blamage perfekt. Was nützte es, dass Schalke 69 Prozent Ballbesitz hatte, 29:9 Schüsse, 56 Prozent gewonnene Zweikämpfe und das Siegtor des Serben - wie die TV-Kameras eindeutig belegten - aus Abseitsposition erzielt wurde.

Selbst Heldt nannte das Ergebnis „eine Katastrophe“: „Das ist beschämend.“ Für Jones' Attacke gegen die eigenen Fans brachte er aber nur wenig Verständnis auf. „Das sehe ich anders als Jermaine. Wir haben es vergeigt“, betonte der Manager. „Das ist ein herber Rückschlag.“

Zu dem von ihm vom U 17-Coach zum Cheftrainer beförderten Keller steht Heldt angeblich aber weiter felsenfest. Dem TV-Sender „Liga Total“ sagte Heldt auf die Frage, ob der 42-Jährige bis zum Saisonende definitiv im Amt bleibe: „Ja, das wird so sein.“ Gleichwohl räumte Heldt bei Sky ein, dass die Krise ein gefährliches Ausmaß angenommen habe. „Von daher wird es jetzt insgesamt ungemütlich.“

Heldt hat offensichtlich die Empfindsamkeit der Schalker Seele unterschätzt. Und die Hoffnung, dass das Team dem ohnehin mit wenig Kredit ausgestatteten schwäbischen Trainer durch positive Ergebnisse den Rücken stärkt, erfüllt sich nicht. Die Spieler erschienen am Sonntag nicht einmal zum Auslaufen. So blieb ihnen wenigstens neuer Unmut und der Anblick der an Banden des Trainingsplatzes prangenden Plakate mit Aufschriften wie „(Liga-)Keller“ und „Keller raus“ erspart. Die Mannschaft stehe in der Pflicht und er werde „nicht gegen meine Überzeugung handeln“, versicherte Heldt tapfer.

Die Eigendynamik könnte ihn schnell zum Umdenken zwingen. Keller wirkt schon jetzt angeknockt, und seine oft kritisierte Außendarstellung hilft ihm nicht gerade, Aufbruchstimmung zu erzeugen. Ausgerechnet am nächsten Samstag muss die angeschlagene Elf bei Liga-Primus Bayern München antreten, und dies ohne den Gelb-gesperrten Christian Fuchs. Keine rosigen Aussichten.

Trotz aller Beteuerungen: Heldt hat einen „Plan B“, falls es weiterhin völlig schief läuft. Als erste Trainer-Alternative gilt nach dpa-Informationen der Niederländer Martin Jol, einst in Diensten des Hamburger SV. Der 57-Jährige steht derzeit beim Premier-League-Club FC Fulham unter Vertrag (bis 2014), besitzt aber die notwendige Reputation. Und mit holländischen Trainern hat Schalke ja grundsätzlich keine schlechten Erfahrungen gemacht...