Hamburg schockt Köln - Hertha zieht die Notbremse
Düsseldorf (dpa) - Der 1. FC Köln hat die Gunst der Stunde im letzten Sonntagsspiel nicht genutzt und sein Bundesliga-Heimspiel gegen den Hamburger SV in der Schlussphase noch mit 0:1 (0:0) verloren.
Am Vormittag hatte Michael Skibbe bei Hertha BSC seinen Hut nehmen müssen.
Der Geheimfavorit aus Mönchengladbach sorgte erneut für Furore, bekam bei der Besetzung der Hauptrolle des Spieltags aber unerwartete Konkurrenz. Die Turbulenzen bei Hertha BSC drängten den Bundesliga-Titelkampf an diesem Wochenende in den Hintergrund. Nach nur fünf Spielen musste der als Nachfolger von Markus Babbel verpflichtete Michael Skibbe den Trainerstuhl räumen. Der desaströse Auftritt des Aufsteigers beim 0:5 in Stuttgart veranlasste die Vereinsführung zu dieser ungewöhnlichen Maßnahme.
„Wir sind mit den fünf Niederlagen in fünf Spielen in eine schwierige Situation gekommen“, erklärte Michael Preetz, der nun auch selbst schwer unter Druck gerät. „Insbesondere die Art und Weise“ des Gastspiels im Schwabenland habe den Verein zum Handeln gezwungen, erläuterte der Hertha-Manager die Gründe für die insgesamt sechste Trainerentlassung der Saison. Zunächst soll es eine Interimslösung geben. Nachwuchscoach René Tretschok ist erster Kandidat. „Aber natürlich suchen wir dann einen neuen Trainer“, sagte Preetz.
52 Tage nach seiner Vorstellung war das Kapitel Berlin für den früheren DFB-Coach Skibbe schon wieder beendet. Aus Angst vor einer ähnlichen Talfahrt wie in der Abstiegssaison 2009/10, als der Club zu lange an Friedhelm Funkel festgehalten hatte, handelten die Verantwortlichen am Sonntag schnell. Schon die Reaktion von Skibbe auf die Schlappe beim VfB am Vortag hatte wie eine Kapitulationserklärung geklungen: „Es war eine Katastrophe, in der ersten Halbzeit ein absolutes Debakel.“
Wie das erste Sonntagspiel zwischen dem FC Augsburg und dem 1. FC Nürnberg wäre auch die Partie des 1. FC Köln gegen den Hamburger SV fast eine Nullnummer geblieben. Doch Paolo Guerrero sicherte dem HSV in der 88. Minute doch noch den ersehnten 1:0-Auswärtssieg. Neben der bitteren Schlappe muss Köln auch noch den Wirbel verkraften, den der verletzt zuschauende Lukas Podolski zuvor mit einem Interview in der „Bild am Sonntag“ auslöste. Für seine öffentliche Kritik am Verein, dem er mangelnde Perspektive, fehlende Kontinuität sowie Konzeptlosigkeit vorwarf, soll der Nationalspieler eine Strafe aufgebrummt bekommen.
Ähnlich konfus wie die Berliner in Stuttgart startete der Schalke 04 in die Partie bei Borussia Mönchengladbach. Doch im Unterschied zur Hertha kämpft der Revierclub nicht gegen den Abstieg, sondern um einen Platz in der Champions League. Bereits nach 32 Minuten war die Abwehr der nun auf den vierten Rang abgerutschten Gelsenkirchener dreimal überwunden. Das 0:3 im Schlagerspiel des 21. Spieltages erzürnte Schalke-Coach Huub Stevens: „Wenn einige so über den Platz laufen, sind sie es nicht wert, bei Schalke zu spielen. Wir sind noch nicht stabil genug, um ganz oben mitzuspielen.“
Dank der phasenweise brillanten Vorstellung zog Mönchengladbach (43 Punkte) an Schalke (41) vorbei. Damit hält das mehr und mehr als Geheimfavorit gehandelte Team von Trainer Lucien Favre Kontakt zum Spitzenduo aus Dortmund (46) und München (44). Dennoch blieben Kampfansagen aus. „Wir konzentrieren uns von Spiel zu Spiel. Damit sind wir bisher gut gefahren. Warum sollten wir das ändern?“, sagte Torschütze Mike Hanke.
Nach einem Stotterstart in die Rückrunde geht es beim FC Bayern wieder aufwärts. Wie beim Pokalsieg in Stuttgart fand der Rekordmeister beim 2:0 über Kaiserslautern zurück zu alter Souveränität. Beim 100. Sieg von Jupp Heynckes als Bayern-Coach fehlte der erst in der 2. Halbzeit eingewechselte Arjen Robben erneut in der Startelf. Der Niederländer wollte sich zu seiner Gemütslage nicht äußern. Dafür versuchte Heynckes die Wogen zu glätten: „Ich habe keine schlechte Laune bei Arjen gesehen. Er ist hochmotiviert aufs Spielfeld gekommen und hat sich nahtlos eingefügt.“
Bei aller Freude über den Sieg müssen sich die Bayern aber weiter mit der Rolle als Dortmund-Jäger begnügen. Denn auch der BVB hielt sich beim 1:0 über Leverkusen schadlos. Obwohl er diesmal keinen magischen Ballzauber, sondern ein Geduldsspiel seiner Mannschaft sah, geriet Borussia-Trainer Jürgen Klopp ins Schwärmen. „Auch diese Prüfung haben wir gemeistert.“ Für den einzigen Geniestreich des Spiels sorgte Shinji Kagawa. Den Siegtreffer des Japaners bedachte Klopp mit einem Sonderlob: „Das war ein Weltklasse-Tor.“
So spannend wie an der Spitze ist es auch am Tabellenende. Alarmierend ist die Lage für den Tabellenletzten Freiburg, Augsburg und Kaiserslautern. Die Breisgauer bekamen beim 2:3 in Wolfsburg zwar viel Lob, aber keine Punkte. Auch Augsburg tritt auf der Stelle. Daheim kam der Aufsteiger nicht über ein 0:0 gegen den „Club“ hinaus. Immerhin haben die Schwaben nun genauso viele Punkte (18) wie die Pfälzer, die beim 0:2 in München chancenlos waren.
Dagegen ließ 1899 Hoffenheim Fortschritte erkennen. Beim Debüt des neuen Trainers Markus Babbel erkämpfte sich das Team ein achtbares 1:1 bei Werder Bremen. Erst der Last-Minute-Treffer von Bremens Marko Arnautovic brachte den einstigen Hertha-Coach um einen Traumeinstand. Babbels Frust hielt sich dennoch in Grenzen: „Wenn man in Bremen einen Punkt holt, muss man zufrieden sein.“