Hitziger Abend: Mäuser übernimmt gespaltenen VfB

Stuttgart (dpa) - Es könnten so schöne erste Wochen für Gerd Mäuser werden. Der neue Präsident des VfB Stuttgart übernimmt einen Club, der bald sein umgebautes Stadion einweiht, ein junges, angriffslustiges Team aufbaut und finanziell „erstklassig dasteht“, wie sein Vorgänger Erwin Staudt betonte.

Tatsächlich aber muss der frühere Porsche-Manager erst einmal viel Versöhnungs- und Überzeugungsarbeit leisten. Denn die turbulente Mitgliederversammlung, die ihn am Sonntag nach neun Stunden voller hitziger Debatten ins Amt gewählt hat, hinterließ den Eindruck eines tief gespaltenen Clubs. „Ich weiß, dass ich jetzt unter ständiger Beobachtung bin. Aber der VfB Stuttgart steht über allem. Wenn es schwierig wird, kann man nicht weglaufen“, sagte der 53-Jährige.

Mäusers größte Hypothek ist der Aufsichtsrats-Chef Dieter Hundt. Der unbeliebte Arbeitgeber-Präsident steht im Zentrum der Auseinandersetzungen: 50,8 Prozent der Mitglieder stimmten in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle für seine Abwahl. Hundt bleibt im Amt, weil für seinen Sturz eine Dreiviertel-Mehrheit der Stimmen nötig gewesen wäre. Dennoch wird Mäuser in seiner Anfangszeit erst einmal alle Vorwürfe entschärfen müssen, die gegen ihn und Hundt im Raum stehen: Dass er nur eine Marionette des Aufsichtsrats-Bosses sei. Und dass dieser sich viel zu sehr ins Tagesgeschäft einmische.

„Wir sind jetzt auf einem Niveau angelangt, über das wir zuvor bei anderen Vereinen gelacht haben“, meinte Hundt nach den teilweise massiven Angriffen („Diktator“, „Spalter“) gegen seine Person. Die Mitglieder wollten ihn persönlich abstrafen, aber kein völliges Führungschaos erzeugen. Nur so war zu verstehen, dass sie Mäuser mit 58,7 Prozent der Stimmen zum Präsidenten wählten, den Weg für die Oppositionskandidaten gar nicht erst freimachten, eine Abstimmung über Hundt aber auf die Tagesordnung setzen ließen.

Ein Rücktritt des 72-Jährigen ist zwar weiterhin unwahrscheinlich, aber nicht mehr ausgeschlossen. „Die Mitgliederversammlung gibt schon Anlass, mit etwas Besorgnis nachzudenken“, sagte Hundt. „Das Ergebnis belastet mich persönlich überhaupt nicht“. Er mache sich aber Sorgen wegen der „Sponsoren“ und „unserer öffentlichen Präsentation“.

Mäuser dagegen gab schon wenige Minuten nach seiner Wahl den Versöhner. „Ich werte das wie in einer Familie“, sagte er. „Da gibt es auch mal Krach und danach findet man wieder zusammen. Wenn der sportliche Erfolg zurückkommt, werden die Gräben wieder zu sein.“

Um sich nicht allein darauf zu verlassen, versprach der frühere Marketing-Chef von Porsche, „auf jeden Fall die Beziehungen zu den Mitgliedern und Fans zu intensivieren“. Regelmäßig wolle er die Regionalkonferenzen der Anhänger sowie den Fan-Ausschuss besuchen.

Sportlich und wirtschaftlich hinterlässt ihm sein Vorgänger Staudt eine gesunde Basis. Der VfB verkündete zwar zum ersten Mal seit 2002 wieder einen leichten Verlust. Zudem ging der Umsatz von knapp 146 auf knapp 118 Millionen Euro zurück. Beides hatte aber auch etwas mit dem zwei Jahre dauernden und nun fertiggestellten Umbau der Mercedes Benz Arena zu tun. „Das Stadion bringt uns acht bis zehn Millionen Euro zusätzlich pro Saison“, erklärte Mäuser.

Seine erste Dienstreise führt ihn am Dienstag ins Trainingslager der VfB-Profis ins österreichische Längenfeld. Was die Mannschaft angeht, möchte er das Konzept der „Jungen Wilden“ wiederbeleben und künftig „verstärkt auf unseren eigenen Nachwuchs setzen“. Für solche Sätze bekam Mäuser besonders viel Applaus. So schaffte er den Spagat, als Kandidat von Hundt wahrgenommen und dennoch gewählt zu werden.