HSV ersetzt Cardoso - Stevens hat Mitleid

Hamburg (dpa) - Beim Hamburger SV war Huub Stevens abgeblitzt, Mitleid mit dem Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga hat der neue Schalke-Trainer dennoch. „Es tut mir leid für den HSV“, meinte der 57-Jährige nach dem glücklichen 2:1 (1:1) seines Teams bei den Norddeutschen.

Zugleich machte der Niederländer seinem Ex-Verein Mut: „So, wie sie gespielt haben, kommen sie da unten raus.“ Wer aber der neue Kommandogeber an der Außenlinie der Hamburger sein wird, ist völlig unklar. Sicher ist nur: Der lizenzlose Interimschef Rodolfo Cardoso wird es nach Ablauf der 15-Werktage-Genehmigung nicht mehr sein. „Beim nächsten Spiel in Freiburg sitzt ein Trainer mit Lizenz auf der Bank“, kündigte HSV-Sportchef Frank Arnesen an. Er selbst hat übrigens auch eine.

Das pikante Wiedersehen mit Ex-Coach Stevens, der in seiner ersten Arbeitswoche bei Schalke zwei Siege binnen vier Tagen eingefahren hat, überlagerte die dramatische Situation beim HSV: Die Mannschaft ist laut Tabelle weiterhin Abstiegskandidat Nummer eins. Seit dem Trainertausch vom glücklosen Michael Oenning zum erfrischenden Cardoso zwei Wochen zuvor und dem ersten Saisonsieg in Stuttgart kurze Zeit danach weht aber Aufbruchstimmung durch den Volkspark. Da passte der Rückschlag mit der sechsten Saisonpleite im achten Spiel so gar nicht hinein. „Das ist so bitter und frustrierend“, stöhnte Abwehrspieler Dennis Aogo und forderte: „Wir müssen endlich punkten.“

Ein Sieg gegen Schalke war möglich. Aber den Hanseaten fehlte trotz Torschütze Mladen Petric (37. Minute) ein Vollstrecker der Sonderklasse à la Klaas-Jan Huntelaar, der die Gastgeber mit Weltklasse-Darbietungen (13./73.) um die Früchte ihrer besten Saisonleistung brachte. „Huntelaar macht aus einer Chance zwei Tore“, meinte Cardoso verärgert. Er kann für sich aber verbuchen, dass die Wiederbelebung einer scheintoten Mannschaft Erfolg zeitigt. Das Selbstbewusstsein, der Siegeswille sind wieder da. „Das war das beste Spiel, seit ich beim HSV bin“, sagte Arnesen, der immerhin schon seit dem 23. Mai die sportlichen Weichen stellt.

Arnesen erhält derweil kluge Ratschläge der intimsten Fußballkenner Deutschlands. DFB-Sportdirektor Matthias Sammer, der vor neun Monaten beinahe selbst HSV-Sportchef geworden wäre und dann einen Trainer hätte suchen müssen, legte dem Club im TV-Sender Sky ans Herz: „Der Trainer muss zur Gesamtstruktur des HSV passen. Das geht nicht mit einer One-Man-Show.“ Was übersetzt wohl heißen soll: Louis van Gaal - wie Günter Netzer fordert - geht gar nicht, Horst Hrubesch - wie HSV-Urgestein Uwe Seeler favorisiert - geht. Doch ehe der HSV Gefallen an dem Gedanken finden konnte, stellte Sammer klar: „Hrubesch ist top. Ich bin froh, dass er bei uns bleibt und dass da keine Gedankenspiele sind.“

Arnesen erwartet in dieser Woche eine DFL-Antwort, rechnet aber selbst nicht mehr mit einer Fristverlängerung für Cardoso - und muss also weitersuchen. Das tut er im Geheimem. „Meine Strategie ist: Ich sage gar nichts“, betonte der frühere Chelsea-Nachwuchschef. In den Medien tummeln sich dennoch viele Namen. Dänemarks Nationalcoach Morten Olsen ist einer, Salzburg- und Kurzzeit-HSV-Coach Ricardo Moniz ein anderer. Wer am Ende auch immer den Zuschlag erhält, Huub Stevens, der gern wieder um Binnen- und Außenalster geschlendert wäre, wird es mit Interesse verfolgen.