HSV-Linie: Weg von großen Namen, hin zum Talenteschuppen
Hamburg (dpa) - Der Hamburger SV liebt das Einzigartige. Maskottchen Dino und die „ewige“ Bundesliga-Uhr beispielsweise, die den Verein als einziges niemals abgestiegenes Bundesliga-Gründungsmitglied ausweisen.
Oder den Ruf, erster Relegationstitelverteidiger der Bundesliga-Geschichte zu sein.
Das neueste Unikat: Einkaufsverweigerer. Der HSV hat als einziger Fußball-Bundesligist noch nicht einen neuen Spieler für die nächste Saison verpflichtet. Das allerdings nicht freiwillig.
Abgänge gibt es dagegen reichlich. Wenn sich die Mannschaft am Mittwoch zum ersten Training am Volksparkstadion trifft, werden bekannte Gesichter wie Rafael van der Vaart (Betis Sevilla), Marcell Jansen, Heiko Westermann und Slobodan Rajkovic (alle Vertragsende), Maximilian Beister (Mainz 05) und Lasse Sobiech (FC St. Pauli/beide Vertragsauflösung) sowie Leih-Missverständnis Julian Green (zurück zu Bayern München) fehlen. Ablösesummen gab es keine. Im Gegenteil, für Sobiech und Beister wurden wegen des vorzeitigen Vertragsendes sogar Abfindungen fällig.
Möglich, dass Gojko Kacar und Ivo Ilicevic die Abschiedsfraktion verstärken. Noch ist unklar, ob das Duo die Vertragsangebote zu stark gekürzten Bezügen akzeptiert. Zudem soll und will der zuletzt an Kayseri Erciyesspor verliehene Jacques Zoua nicht mehr nach Hamburg zurück. Französische Vereine sollen Interesse haben.
Kasse machen kann der HSV, wenn er Talent Jonathan Tah ziehen lässt. Der 19 Jahre alte Innenverteidiger möchte zu Bayer Leverkusen. Doch dafür will der HSV deutlich mehr als die gebotenen fünf Millionen Euro sehen. Auch ein Wechsel des hitzköpfigen Schweizer Nationalspielers Valon Behrami würde dem Verein in den Kram passen.
Der HSV ist zwar seit einem Jahr eine Aktiengesellschaft und hat rund neun Prozent der Anteile an Milliardär Klaus-Michael Kühne (18,75 Millionen Euro) und Millionär Helmut Bohnhorst (4 Millionen Euro) verkauft, Geld hat er deswegen aber nicht. Das abgelaufene Geschäftsjahr wird mit einem Minus von rund zehn Millionen Euro abgeschlossen. Transfers aus den letzten Spieljahren (allein in der vergangenen Saison rund 33 Millionen Euro) sind abzustottern. Um Luft zu kriegen, soll der Champions-League-reife Gehaltsetat von 50 bis 52 Millionen Euro um mindestens zehn Millionen Euro reduziert werden.
Der HSV gehorcht künftig der Kassenlage. Er will raus aus dem Transferwahnsinn. Keine teuren Wechsel mehr, lautet die neue Strategie. Hin zu Talenten, möglichst wenig bekannten, die großes Entwicklungspotenzial verheißen. „Es muss das Ziel sein, Spieler zu verpflichten, die ihre große Karriere noch vor sich haben“, erklärte HSV-Fußballdirektor Peter Knäbel.
Trainer Bruno Labbadia und Knäbel sehen sich auch in der 2. Liga und beim europäischen Nachwuchs um. „Wir haben Spieler identifiziert, in denen wir Potenzial sehen. Jetzt sind wir dabei, die Transfers in Abschlussreife zu bringen“, sagte Knäbel. Einer der Umworbenen soll der 21-jährige Österreicher Michael Gregoritsch vom VfL Bochum sein. Knäbel gibt sich bescheiden. Sein Wunsch für die nächste Saison: „Ein positives Ende für den HSV.“