HSV macht Kasse: Guerrero geht nach Brasilien
Hamburg (dpa) - Der Hamburger SV verkauft sein Tafelsilber. Torjäger und Enfant terrible Paolo Guerrero wird vom hanseatischen Fußball-Bundesligisten zum brasilianischen Spitzenverein Corinthians São Paulo transferiert.
„Die beiden Vereine haben sich über einen Wechsel geeinigt“, sagte Sportchef Frank Arnesen am Mittwoch. Der HSV verliert zwar einen seiner besten Stürmer, aber auch seinen teuersten Profi. Er ist zu dem Deal gezwungen, weil er dringend Geld für neue Transfers benötigt. Die Vereinskasse ist leer, und auf der Agenda steht an oberster Stelle die Verpflichtung eines Spielmachers. Denn Rang 15 - die schlechteste Platzierung in der Geschichte des Vereins - soll sich beim Gründungsmitglied der Bundesliga nicht wiederholen.
„Solange wir kein Geld einnehmen, können wir keine neuen Spieler kaufen“, hatte Arnesen zuletzt stets betont. Wie viele Millionen in die Kasse des Vereins fließen, wollte der HSV nicht mitteilen. Die Rede ist von rund fünf Millionen Euro. Der Marktwert des „kleinen Kriegers“, wie der Nationalspieler in seiner peruanischen Heimat genannt wird, liegt bei sechs Millionen. Guerreros Jahressalär beim HSV wird auf gewaltige 4,5 Millionen Euro taxiert. Im HSV-Trikot erzielte er in sechs Jahren und 183 Pflichtspielen insgesamt 51 Tore.
Pikant ist, dass die Norddeutschen nicht allein am Verkauf des 28-Jährigen partizipieren. Transferrechte hält auch der Hamburger Unternehmer Klaus-Michael Kühne. Der Milliardär hatte dem Verein vor zwei Jahren 12,5 Millionen Euro für Transfers zur Verfügung erstellt. Im Gegenzug erhielt er jeweils ein Drittel der Transferrechte an sechs HSV-Profis, darunter die Nationalspieler Heiko Westermann, Dennis Aogo und Guerrero. Der Logistik-Unternehmer wird derzeit aber wohl eher nicht die Hand aufhalten wollen. In den vergangenen Wochen hatte Kühne seine Bereitschaft betont, dem klammen HSV erneut finanziell unter die Arme greifen zu wollen.
Guerrero war nach der Sommerpause noch gar nicht beim HSV, der seit zehn Tagen wieder im Training steht, da ist er auch schon für immer weg. Wegen Länderspiel-Einsätzen bei der WM-Qualifikation für sein Heimatland durfte er länger urlauben. Ursprünglich sollte er an diesem Donnerstag zum Laktattest in Hamburg vorstellig werden. Stattdessen hat er sich am Mittwoch auf den Weg nach São Paulo gemacht, um dort den nötigen Medizin-Check zu absolvieren. Besteht er diesen, soll er einen Dreijahresvertrag erhalten.
Guerrero war Leistungsträger, aber auch immer wieder ein Problemfall. Mal verweigerte er die rechtzeitig Anreise zum Trainingsstart, weil er angeblich Flugangst hatte, mal schleuderte er einem Zuschauer eine gefüllte Plastiktrinkflasche an den Kopf, weil dieser ihn beschimpft hatte. Und er senste Stuttgarts Torhüter Sven Ulreich mit einem perfiden Foul um und kassierte dafür eine Sperre von acht Spielen. Guerrero war nicht nur für Tore gut, auch für Eskapaden jeder Art.
Jetzt sucht der Stürmer sein Glück in der Nähe seiner Heimat. Die Adresse ist vielversprechend. Corinthians war brasilianischer Meister 2011 und eroberte in diesem Jahr die Copa Libertadores, die Champions League Südamerikas. Guerrero darf an der Club-Weltmeisterschaft im Dezember in Japan teilnehmen. Mit fünf Titelgewinnen gehört Corinthians zu den erfolgreichsten Clubs Brasiliens. „Für Paolo ist es eine große Sache, bei diesem Verein zu spielen“, sagte Arnesen.