HSV spielt gegen KSC auch für Hamburg

Hamburg (dpa) - Für Fanshop-Betreiber Berti Bober sind Artikel mit HSV-Raute ein Auslaufmodell. „Der Verkauf mit Fan-Artikeln ist fast auf null“, sagt der Geschäftsinhaber in Kaltenkirchen bei Hamburg.

Foto: dpa

Er denkt schon darüber nach, das Sortiment gänzlich rauszuschmeißen. Vielleicht behält er eine blaue Kaffeetasse als Erinnerung an bessere Fußball-Zeiten, denn es drohen Provinz-Partien statt Prestige-Duellen. Ob HSV-Artikel einen Aufschwung erleben, entscheidet sich in der Relegation gegen Karlsruhe. Ein HSV-Abstieg wäre auch für die Stadt ein herber Imageverlust.

„Erfolgreiche Fußballvereine sind aufgrund ihrer medialen Reichweiten die stärksten Visitenkarten einer Stadt“, sagt Raphael Brinkert, Werbechef der Agentur Jung von Matt/sports (DFB-Kampagne „Unsere Amateure. Echte Profis.“). Und der Sportökonom des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Henning Vöpel, mahnt: „Ein sofortiger Wiederaufstieg ist kein Selbstgänger.“

Dies weiß der Kiezclub auf St. Pauli, einst Bundesligist, nur zu gut: Er musste nach dem Bundesliga-Abstieg 2011 in dieser Saison sogar um das Überleben in der 2. Bundesliga kämpfen, in der er sich knapp halten konnte. Doch der FC St. Pauli kann sich mit seinem Alternativ-Image seit Jahrzehnten auf seine Anhänger verlassen. „Starken Sportmarken gelingt es, sich temporär vom sportlichen Erfolg zu entkoppeln. Die größte Herausforderung besteht darin, sich auch in schlechten Zeiten treu zu bleiben und seine Ideale nicht zu verraten“, ergänzt der Werbefachmann.

Die sportliche Perspektive des HSV ist eng verknüpft mit der desolaten finanziellen Situation des verschuldeten Nordclubs. Sollten die Hanseaten absteigen, stehen sie vor einem Dilemma. „Der HSV trifft in der 2. Liga auf Vereine wie RB Leipzig, die eine eingespielte Mannschaft und durch Investoren Geld in der Kasse haben“, sagt Vöpel. Die Hamburger müssten zur Deckung des Zweitliga-Etats Spieler verkaufen, brauchen aber ein schlagkräftiges Team.

Die Einnahmen würden schwinden: weniger Ticketverkäufe, geringere Fernsehgelder und wohl eine schwächere Nachfrage nach Fan-Artikeln. „Der HSV wird die Kosten nicht im gleichen Rahmen senken können, wie die Einnahmen zurückgehen“, erläutert der HWWI-Ökonom. „Der HSV wird den Druck spüren, sich weiter Investoren öffnen zu müssen.“ Drei Unternehmer - Klaus-Michael Kühne, Alexander Otto und Helmut Bohnhorst - haben bereits Anteile an der Fußball AG erworben.

Schon 2014 litten Fans und die Stadt, als der Bundesliga-Dino nur mit Glück die Relegation gegen die Spielvereinigung Greuther Fürth überstand. Tourismus-Manager und Werbestrategen sorgten sich schon damals um das Standing der Stadt. Auf rund 100 Millionen Euro beziffert das HWWI den Einkommens- und Beschäftigungseffekt, den der HSV durch direkte Arbeitsplätze im Verein und indirekte in Kneipen, Restaurants und Imbissbuden sowie durch Marketing und Merchandising erzeugt.

Im Fall eines HSV-Abrutsches befürchtet der HWWI-Experte einen Rückgang um 30 Millionen bis 50 Millionen Euro. „Ein Abstieg würde die Anzahl der Tages- und Übernachtungsgäste deutlich reduzieren und sich damit spürbar auf die Einnahmen von Einzelhandel, Gastronomie, Hotellerie und Verkehrsbetriebe auswirken“, warnte Hamburgs Tourismusvermarktung schon im Vorjahr.

Solche Defizite müssten durch Anstrengungen in Kunst und Kultur, Sport und Tourismus ausgeglichen werden, empfiehlt der JvM-Werbeexperte. Vielleicht hilft die geplante Olympia-Bewerbung für die Spiele 2024 weiter, mit der sich die Hansestadt weltweit mehr Aufmerksamkeit erhofft.