Jonker fordert Zusammenhalt - Van Gaal gibt Segen
München (dpa) - Andries Jonker will beim FC Bayern nicht alles anders machen als Louis van Gaal, aber seine schwierige Champions-League-Rettungsmission dennoch „auf meine Weise“ zum Erfolg führen.
„Louis van Gaal hat hier sehr viele Sachen sehr gut gemacht“, betonte der Interims-Cheftrainer bei seiner Vorstellung. Für den bisherigen Assistenten und künftigen Amateurtrainer des deutschen Fußball-Rekordmeisters zählen in der aktuellen Situation keine klugen Konzepte, sondern allein Punkte im Liga-Endspurt. „Mein Ziel ist es, dass ich nach dem letzten Spieltag zufrieden nach Hause komme. Wir müssen am 14. Mai den dritten Platz und mehr Punkte als Hannover haben“, erklärte Jonker. Einen Zähler Vorsprung hat Hannover 96 derzeit.
Das Wie sei egal: „Ich brauche keine Spieler in fünf Spielen auszubilden, ich brauche keine Philosophie. Ich muss mit den Fans, mit dem Vorstand, mit meinem Stab und mit den Spielern die Champions-League-Qualifikation erreichen“, verkündete Jonker. Und für dieses gemeinsame Ziel rief er Verein und Fans zur Geschlossenheit auf. „Wenn wir zusammenhalten, zusammenstehen, schaffen wir das!“
Enormen Druck verspüre er nicht. Und dass ihm die Mannschaft folgt, erwartet er schon wegen der gemeinsamen Zielsetzung: „Die Spieler wollen unbedingt kommende Saison Champions League spielen. Wenn das nicht gelingt, bedeutet das Ärger“, sagte der Holländer.
Dass er in seiner ersten Partie als Chefcoach am 17. April gegen Bayer Leverkusen ausgerechnet auf seinen Nachfolger Jupp Heynckes trifft, sei für ihn nichts besonderes. „Das geht an mir vorbei.“ Als kleiner Junge erinnere sich an ein Bild von Heynckes im Trikot von Borussia Mönchengladbach. Und in Spanien hätten sich die Wege als Trainer gekreuzt. „Aber für mich ist es ein Spiel wie jedes andere. Leverkusen ist ein schwieriger Gegner, aber auch einer, den wir schlagen können“, sagte Jonker. Präsident Uli Hoeneß erwartet - nach der Befreiung von van Gaal - nicht weniger als eine „Explosion“.
Jonker distanzierte sich nicht von seinem bisherigen Chef. Er verriet vielmehr, dass er erst nach van Gaals Befürwortung das Angebot des Bayern-Vorstandes angenommen habe. „Es war eine sehr schwierige Frage für mich, weil ich eine sehr starke Relation mit Louis van Gaal habe“, berichtete Jonker. Gleich zweimal habe er am Samstagabend mit van Gaal telefoniert. Dieser habe schließlich zu ihm gesagt: „Wenn er in meinen Schuhen stehen würde, dann würde er den Job übernehmen.“ Ein ungetrübtes Verhältnis zu van Gaal ist Jonker wichtig: „Unsere private Relation muss bleiben wie sie ist.“
Auf Jonkers Initiative ging auch zurück, dass sich van Gaal persönlich von der Mannschaft verabschiedete. Nach einer guten Stunde brauste dieser dann in seinem goldfarbenen Dienstwagen davon.
Jonker zog als erste Maßnahme den Trainingsbeginn auf 10.00 Uhr vor. Die Übungsinhalte blieben unverändert, aber auf dem Platz ging es erheblich lauter und energischer zu als zuletzt. Über personelle Veränderungen schwieg sich Jonker zunächst aus. Erwartet wird - nicht zuletzt nach den heftigen Vorwürfen von Hoeneß gegen van Gaal in der Torwartfrage -, dass Jörg Butt gegen Leverkusen ins Tor zurückkehrt. Zumal Thomas Kraft nach seinem kapitalen Fehler beim 1:1 in Nürnberg eine Trainingspause einlegen muss. „Er hat Rückenprobleme, ist nicht fit“, berichtete Jonker. Das Problem könnte sich von selbst lösen.
Umbauen muss er das Team auf jeden Fall, weil Arjen Robben nach seiner Roten Karte für zwei Spiele gesperrt wurde und auch Holger Badstuber wegen Gelb-Sperre pausieren muss. „Ich bin darüber nicht froh. Aber wir werden eine Lösung finden“, sagte Jonker.
Anders als van Gaal setzt der Fünf-Spiele-Chef offenbar auf ein Miteinander auf allen Ebenen. „Meine Türe ist immer offen“, sagte er. Der dreifache Familienvater will „direkt und geradeaus kommunizieren“ - regelmäßig auch mit dem Vorstand um Karl-Heinz Rummenigge. Er wolle aus der großen Fußballerfahrung der Bosse „meinen Vorteil ziehen“.
Jonker werde von van Gaal „das Gute übernehmen, aber er wird auch Dinge ändern, die aus seiner Sicht veränderungswürdig sind“, hatte Rummenigge angekündigt. Der bisherige Assistent habe „einen ganz klaren Plan“. In der kommenden Saison wird Jonker die vor dem Abstieg aus der 3. Liga stehenden Amateure übernehmen. Das war schon vor der Beförderung zum Chefcoach auf Zeit abgemacht worden.
Besondere Erfolge als Cheftrainer kann Jonker nicht vorweisen. Der FC Bayern ist für ihn eine ungleich größere Herausforderung als die Holland-Stationen FC Volendam (1997-2000), MVV Maastricht (2004-2006) und Willem II Tilburg (2006-2009). „Wir glauben, dass er diese große Aufgabe meistern wird“, sagte Sportdirektor Christian Nerlinger.