Kaum Chancen für Lex Cardoso - Olsen im Visier

Hamburg (dpa) - Der Hamburger SV darf sich keine großen Hoffnungen auf eine Lex Cardoso machen, aber die Verpflichtung Morten Olsens scheint plötzlich wieder möglich.

„Wir gehen davon aus, dass wir mit Olsen einen Vertrag bis zum Sommer haben. Es wäre eine neue Situation, wenn Dänemark sich nicht für die EM qualifizieren sollte. Dann werden wir neu überlegen“, sagte Lars Berendt, Pressechef des dänischen Fußball-Verbandes, der Nachrichtenagentur dpa. Bisher hatten die Dänen eine vorzeitige Freigabe des 62-Jährigen, der ein enger Vertrauter von HSV-Sportdirektor Frank Arnesen ist, kategorisch ausgeschlossen.

Olsen selbst bezeichnete die jüngsten Meldungen zwar als „Gerüchte und Spekulationen“. Dementieren wollte er diese jedoch nicht. „Ich habe weiter meinen Job hier, und so verhalte ich mich“, sagte er der dpa.

Dennoch scheint nun klar, warum der HSV eine Verlängerung der Interimstätigkeit für 15-Tage-Trainer Rodolfo Cardoso anstrebt. Der Bundesligist will Zeit gewinnen. Denn für Olsen, dessen Team in der Ausscheidung zur EURO punktgleich mit Portugal und Norwegen Zweiter ist, steht nach den letzten beiden Spielen auf Zypern und gegen Portugal erst am 11. Oktober fest, wohin der Weg führt. Scheidet Dänemark aus, wäre Olsen wohl sofort frei. Gelangt das Team direkt zur EM, könnte er den Verband um die Doppelfunktion als Auswahl- und HSV-Coach bitten. Interesse am Wechsel hatte der Ex-Bundesligacoach schon angemeldet.

Allerdings steht es um den HSV-Antrag in Sachen Fristverlängerung für Cardoso nicht allzu gut. „In erster Linie stützen wir uns auf die Statuten“, sagte Andreas Nagel, Direktor Spielbetrieb bei der Deutschen Fußball Liga (DFL). Kollege Markus Weidner vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) ging noch einen Schritt weiter. „Ich möchte dem Entschluss nicht vorgreifen, aber die Erfolgsaussichten sind gering“, sagte der Abteilungsleiter Trainerausbildung. Die Entscheidung treffe „die Liga in Abstimmung mit dem DFB-Lehrstab“. Einen HSV-Teilerfolg schloss er nicht gänzlich aus. „Ich kann mir vorstellen, dass in einem begründeten Fall eine Verlängerung um zwei, drei Tage möglich ist, aber am Grundsatz sollte dies nichts ändern“, betonte Weidner.

Die Ausgangslage ist klar: Cardoso besitzt zwar die A-Lizenz, aber nicht den für Liga 1 erforderlichen Fußballlehrerschein. Laut einer in den Liga-Statuten verankerten Richtlinie der Europäischen Fußball-Union (UEFA) darf der am 19. September als Interimslösung für den entlassenen Michael Oenning angetretene Cardoso diesen Job nur 15 Werktage ausüben. Damit kann er zwar noch am Sonntag im Heimspiel gegen Schalke 04, aber nicht mehr in der Partie beim SC Freiburg am 16. Oktober als Verantwortlicher auf der HSV-Bank sitzen. Denn sechs Tage vorher läuft die Drei-Wochen-Frist ab.

Erschwerend kommt hinzu, dass Cardoso sich bisher nicht einmal für den Lehrgang zum Erwerb der Lizenz angemeldet hat. Nach der jüngsten Entwicklung beim HSV kündigte er zwar an, am nächsten Kurs teilnehmen zu wollen. Doch die fehlende Lizenz kann er frühestens im Sommer 2012 mit dem zehnmonatigen Lehrgang in Angriff nehmen. Die Anmeldefrist dafür läuft am 15. Januar kommenden Jahres ab.

Während Michael Laudrup auch nach seiner unerwarteten Kündigung bei RCD Mallorca nach dpa-Informationen nicht auf der Kandidatenliste der Hamburger steht, spricht dennoch vieles für die dänische Lösung. Weil Olsen schon länger als Arnesens Wunschkandidat gilt, erscheint der geplatzte Deal mit Huub Stevens plausibel. Denn der Niederländer sollte nur bis Saisonende bleiben, danach der Däne übernehmen. Stevens wollte aber mindestens einen Zweijahresvertrag, den er nun auf Schalke unterzeichnete. Pikant: Damit sitzt der Fast-HSV-Trainer am Sonntag beim Gastspiel in Hamburg auf der Schalker Bank.