Freitagsspiel Korkut holt mit VfB in Freiburg zum siebten Streich aus

Stuttgart (dpa) - Der erste Arbeitstag von Tayfun Korkut war still. Kein Applaus, keine Pfiffe - die Fans des VfB Stuttgart beäugten den Nachfolger des beliebten Trainers Hannes Wolf vor knapp sieben Wochen sehr kritisch und mit viel Distanz.

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Nach vier Siegen in sechs Spielen ohne eine Niederlage dreht sich die Stimmung. Bei einem siebten Streich unter Korkuts Anleitung kann der Vorsprung auf den Relegationsplatz nach dem Baden-Württemberg-Derby beim SC Freiburg am Freitagabend (20.30 Uhr) zumindest über Nacht auf zwölf Punkte anwachsen. Es wäre eine Vorentscheidung im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga.

„Die letzten Wochen waren sehr erfreulich, und wir haben in Richtung Klassenerhalt einen Riesenschritt gemacht. Aber bei uns weiß jeder, dass wir definitiv noch nicht gesichert sind“, sagte Sportvorstand Michael Reschke der Deutschen Presse-Agentur. „Vier oder fünf Punkte braucht der VfB Stuttgart noch, um der Relegation zu entgehen. Mit vier Punkten ist die Wahrscheinlichkeit, dies zu schaffen, hoch. Fünf Punkte reichen sicher.“ Folgt man Reschke mit dieser Rechnung, kann der VfB theoretisch nach der Länderspielpause zu Hause gegen den Hamburger SV ein weiteres Jahr Bundesliga eintüten.

Den größten Anteil an der aus Schwaben-Sicht äußerst erfreulichen Situation hat Korkut, bei dessen Ankunft die „Stuttgarter Zeitung“ noch einen „Tayfun der Empörung“ ausgemacht hatte. Zu schlecht war sein Punkteschnitt bei den Stationen in Hannover, Kaiserslautern und Leverkusen gewesen. Einen Hoffnungsträger konnten die Anhänger in dem in Ostfildern bei Stuttgart aufgewachsenen Deutsch-Türken nicht erkennen.

Doch der 43-Jährige hat den zuvor oft verunsicherten VfB Stuttgart stabilisiert. Er setzt dabei auf wenig Rotation und schenkt den Routiniers Vertrauen. „Er hat zwischenmenschlich sofort den Draht zur Mannschaft und zu jedem Spieler gefunden“, sagte Nationalspieler Mario Gomez in einem Eurosport-Interview. „Er hat uns als Mannschaft sofort das Gefühl gegeben, dass alles unter Kontrolle bei ihm ist und er klare Vorstellungen hat, die er durchzieht, ohne in Aktionismus zu verfallen.“

Korkut, der Meinungsäußerungen und markige Sprüche in der Öffentlichkeit meidet, hat nach kurzer Zeit seine Stammelf gefunden und verändert diese nur, wenn es sein muss. Gegen Freiburg muss er erneut auf Timo Baumgartl verzichten, der Innenverteidiger ist nach einer Gehirnerschütterung noch nicht fit. Der feste Stamm verleiht dem VfB defensive Stabilität, was Korkut besonders gut gefällt.

„Wie er arbeitet, überrascht mich überhaupt nicht. Dies haben wir exakt so erwartet. Überraschend ist unsere aktuelle Punktebilanz, die macht richtig Spaß“, sagte Reschke. „Er macht zwar keine Wissenschaft aus der Taktik, aber seine Vorgaben sind schlüssig, für die Spieler logisch einleuchtend, sinnvoll umsetzbar und eben auch erfolgreich zielführend.“

Vor Korkuts Debüt gegen den VfL Wolfsburg (1:1) Anfang Februar lag der SC Freiburg noch vier Punkte vor dem VfB. Nun, vor dem 27. Spieltag, sind die Badener trotz solider Ergebnisse vier Zähler hinter den Schwaben - die in der Rückrundentabelle sogar Dritter sind. Nur Rekordmeister Bayern München und Borussia Dortmund waren 2018 erfolgreicher. „Die Punkte hat uns keiner geschenkt. Jetzt geht es darum, da dran zu bleiben“, sagte Korkut.

Gegen den SCF setzt er vor allem auf das Selbstvertrauen nach zuletzt sechs Spielen ohne Niederlage. „Die Mannschaft hat sich eine Regelmäßigkeit erarbeitet in Sachen Ordnung, in Sachen Bereitschaft, in Sachen Aufmerksamkeit“, betonte er vor dem Auswärtsspiel.

Ein Sorry der Zuschauer erwartet Reschke auch bei einem weiteren Sieg nicht. „Es muss sich keiner bei Tayfun oder uns entschuldigen. Dass Teile der Fans überzogen reagieren und mit Kommentaren auch mal deutlich am Vertretbaren vorbeischießen, gehört zum Zeitgeist, speziell in die Internet-Welt“, sagte Reschke. „Wir freuen uns, wenn alle VfB-Anhänger, auch die kritischen, am Ende der Saison zu der Überzeugung kommen: Tayfun Korkut ist für den VfB ein sehr guter Trainer und liefert mit seinem Team erfolgreiche Arbeit. Dann wären wir alle hochzufrieden.“ Applaus gäbe es auch. Ganz sicher.