Kultmasseur Rieger tot: HSV jetzt ohne gute Seele
Hamburg (dpa) - Sein HSV konnte noch so erbärmlich spielen, Hermann Rieger verlor seinen Optimismus nie. „Ach was, das wird schon“, beschwichtigte der berühmteste Masseur der Fußball-Bundesliga seine pessimistischen Gesprächspartner.
Dabei hätte er vor Ärger manchmal selbst laut schreien wollen.
Selbst seine Krebserkrankung brachte ihn nicht von seiner durchweg positiven Einstellung ab. Auch das werde schon, meinte der Oberbayer. Am Dienstagmorgen ist Rieger nach langer Krankheit im Alter von 72 Jahren gestorben.
„Er war ein feiner Kerl“, schwärmte Idol Uwe Seeler über den Kultmasseur. „Ich hab ihn noch beim letzten Heimspiel gesehen, da sah er gut aus. Ich dachte, es geht ihm gut.“ Erst am Vorabend war der Masseur bei der Hamburger Sportgala in Abwesenheit mit dem Ehrenpreis ausgezeichnet worden. Seeler: „Solche positiven Typen gib es nur noch ganz selten. Er hat Tag und Nacht für den Verein gearbeitet.“
Der Schock über den Tod ihres einstigen Physiotherapeuten, dessen Vornamen dem HSV-Vereinsmaskottchen verliehen wurde, sitzt tief beim Hamburger Bundesligisten. Am Stadion wurde halbmast geflaggt. Gegen Borussia Dortmund am Samstag spielt das Team mit Trauerflor, eine Gedenkminute soll eingelegt werden. „Hermann - das war ein HSVer durch und durch. Ein ganz Großer“, sagte Ex-Präsident Jürgen Hunke. Riegers Freundlichkeit, sein Humor und seine Hilfsbereitschaft waren legendär. „Den konntest du nachts um drei anrufen und er hat sich gekümmert“, berichtete der frühere HSV-Profi Stefan Schnoor.
Der in Mittenwald an der österreichischen Grenze geborene Rieger war 1978 zum Fischkopp konvertiert. Nationalverteidiger Manfred Kaltz hatte ihn damals in den Norden gelotst. Seither massierte der frühere Skilehrer die HSV-Profis. Seinen Dialekt verlor er nie, sein Herz aber wurde hanseatisch. „Er war die gute Seele des HSV“, meinte Willi Schulz ergriffen. 26 Jahre bis 2004 hielt Rieger dem Club die Treue, er erkrankte und ging dann in den Ruhestand.
„Hermann, the German“ ist bundesweit zum Begriff geworden. Die Verehrung in Hamburg ging so weit, dass der HSV für den Masseur sogar ein Abschiedsspiel organisierte. „Servus Burschi, ich werde dich nicht vergessen!“, versprach Ex-HSV-Profi Dennis Aogo. Auch Felix Magath, eben noch als HSV-Coach im Gespräch, ging Riegers Tod nahe. „Ich trauere um einen guten Freund, einen verlässlichen Weggefährten und wunderbaren Menschen. Hermann war ein Mann mit einem ganz großen Herz für andere Menschen.“
Auch die Ski-Größen Rosi Mittermaier und Christian Neureuther trauern um Rieger. „Aus Sotschi senden wir ihm die olympische Goldmedaille des Herzens“, sagte Neureuther. „Wir haben in unserem Leben sehr viele Menschen mit großen Herzen kennengelernt, Hermann hatte das größte.“ Rieger war in den 1970er Jahren in Mittenwald Neureuthers Trainer, später Physiotherapeut und Coach der alpinen Skidamen um Gold-Rosi. „Er hat alles für uns getan, sogar schwere Skitaschen getragen, obwohl er einen gebrochenen Arm hatte. Er sagte damals aber nichts, weil er immer nur helfen wollte und keinen Dank erwartete“, erinnerte sich die Doppel-Olympiasiegerin von 1976.