Labbadia beim VfB aus der Schusslinie

Stuttgart (dpa) - Bruno Labbadia hat alles richtig gemacht. Der nach einer Negativserie stark in die Kritik geratene Coach des VfB Stuttgart griff vor dem Schlüsselspiel gegen die gleichfalls taumelnden Berliner zu ein paar Kunstgriffen - und alle zahlten sich aus.

Labbadia begnadigte einen Stürmer, änderte das System und hatte unter der Woche mit einer Strafpredigt seine Schützlinge zusammengestaucht. Nach dem spektakulären Schützenfest gegen Hertha BSC kletterten die Schwaben ins gesicherte Mittelfeld der Fußball-Bundesliga - und Labbadia rettete sich aus der Schusslinie.

„Das war kein Druck für mich. Ich arbeite gerne beim VfB“, versicherte Labbadia, dass ihn die immer bedrohlichere Lage nicht beunruhigt habe. „Im letzten Jahr herrschte Druck, weil es da um die Existenz ging.“ Faktisch hatten die sieben sieglosen Punktspiele und der peinliche und pomadige Auftritt bei der Pokal-Pleite gegen Bayern München dem Strahlemann trotz gegenteiliger Beteuerungen sichtlich zugesetzt. Der 5:0 (4:0)-Sieg nach phasenweise begeisterndem Offensivfußball gegen einen grottenschlechten Gegner war für Labbadia auch ein persönlicher Befreiungsschlag.

Labbadias Erziehungsmaßnahmen fruchteten: Er hatte Martin Harnik zuletzt zweimal aus der Startelf gestrichen, weil er die laschen und lustlosen Auftritte seines talentierten Stürmers nicht länger dulden wollte. „Der Martin hat eine Pause und einen Tritt gebraucht“, begründete der ehemalige Torjäger und jetzige Fußball-Lehrer seine Sanktion. „Jetzt hat er drei Tore gemacht, weil er wieder über die Arbeit gekommen ist.“

Der wieder in die Startelf gerückte Harnik trumpfte mit seinem Dreierpack besonders stark auf. „Martin hat das sehr, sehr gut gemacht“, lobte Labbadia den Österreicher. Harnik strich den begeisternden Auftritt der gesamten Mannschaft heraus: „Wir haben uns in einen Rausch gespielt.“

Labbadia hatte aber nicht nur Harnik eine Lektion erteilt. Nach dem katastrophalen Cup-K.o. hatten der erboste Coach und der noch wütendere Manager Fredi Bobic den gesamten Kader verbal abgewatscht. „Die Kritik von Bobic am Mittwoch war angemessen, da haben wir einfach saumäßig gespielt“, gestand Mittelfeldmann Christian Gentner.

So einfach wie gegen die von allen guten Geistern verlassenen Berliner hatten es die selbst schwächelnden Schwaben seit Monaten nicht mehr. Nach der Führung durch Fünf-Millionen-Wintereinkauf Vedad Ibisevic durch einen spektakulären Seitfallzieher (24. Minute) ging plötzlich ein Ruck durch die Mannschaft. Beinahe alles klappte nun wie am Schnürchen. Harnik (28./41./58.) und Shinji Okazaki (32.) sorgten für einen Kantererfolg. „Die Mannschaft hat sich selbst belohnt“, lobte Labbadia seine Schützlinge.

Ein mitentscheidender Schlüssel zum ersten Sieg seit dem 20. November 2011 war die Rückkehr zum altbewährten 4-2-3-1-System. Prominentestes Opfer der Taktikänderung war Nationalstürmer Cacau, der erst in der 72. Minute zum Einsatz kam. Labbadia legte sich auf die Variante mit einer echten Spitze fest: „Es gibt momentan keinen Grund, am System was zu ändern.“ Von einer Trendwende wollte der Trainer trotz des Befreiungsschlags nicht sprechen: „Wir wollen den Mund nicht zu voll nehmen.“