Lieberknecht: „Relegationsplatz das erste große Ziel“
Braunschweig (dpa) - Mit nur vier Punkten aus zehn Spielen ist Aufsteiger Eintracht Braunschweig Tabellenletzter der Fußball-Bundesliga. Trainer Torsten Lieberknecht ist trotzdem zuversichtlich, den Klassenverbleib zu erreichen.
Im dpa-Interview spricht der 40-Jährige über seine Emotionen, seine Ziele und neue Spieler im Winter.
Wie groß ist der Spaß noch, den sie an der ersten Liga haben?
Lieberknecht: Groß. Wir lassen uns davon nicht herunterreißen, dass wir erst vier Punkte haben. Gegenüber anderen Mannschaften haben wir ja zumindest auch schon ein Spiel gewonnen. Wir sind dabei, in dieser Liga zu lernen. In den letzten Spielen hat es auch eine gesunde Entwicklung gegeben. Wenn man weiß, dass die Mannschaft in ihrer Entwicklung auch noch nicht am Ende ist, sondern noch Luft nach oben hat, hat man weiterhin großen Spaß an der Herausforderung.
Ist denn die Hoffnung auf den Klassenverbleib noch da?
Lieberknecht: Ich bin sogar optimistischer aufgrund der letzten Spiele. Aber natürlich ist die Herausforderung groß und das Wunder noch größer, wenn wir es schaffen.
Haben sie es sich so schwer vorgestellt?
Lieberknecht: Natürlich habe ich nicht damit gerechnet, so wenig Punkte zu haben, denn der Wunsch war natürlich ein anderer. Aber dass die Herausforderung so groß ist, damit haben wir schon gerechnet. Was mich von Anfang an positiv gestimmt hat, ist die Entwicklung. In jedem Spiel hat es Phasen gegeben, in denen wir gut waren. Das haben wir alles analysiert bis zu dem Spiel in Wolfsburg, wo wir über 90 Minuten gut gespielt haben.
Also fehlt nur die Konstanz?
Lieberknecht: Ja, auch. Wir müssen natürlich immer ans Limit kommen. Ich denke, dass das machbar ist. Auch wenn die Fehler, die wir bislang in den Spielen gemacht haben, nie gruppentaktische Fehler waren, sondern immer krasse individuelle Fehler. Es wird noch lange so sein, dass wir große Schwankungen in der Saison haben werden, aber ich bin überzeugt davon, das große Ding zu erreichen.
Viele Vereine haben in solch einer Situation im Winter kräftig eingekauft. Ist das denkbar in Braunschweig?
Lieberknecht: Wir haben ja grundsätzlich eine andere Herangehensweise. Was man bei uns aber beachten muss, ist: Wir haben im Winter eigentlich immer unsere besten Transfers getätigt. Von daher halten wir uns das Winter-Fenster immer offen, wenn wir Spieler holen können, von denen wir wissen, dass das für die Zukunft gesund ist. Ob wir es deshalb machen, um mit aller Macht in der ersten Liga zu bleiben, hängt davon ab, wie groß die Chancen im Winter sind, dass auch zu schaffen. Momentan sieht es eher noch realistisch aus. Der Abstand ist noch nicht super groß.
Wäre es wirklich denkbar, vier, fünf Neue zu holen?
Lieberknecht: Nein, das werden wir sicher nicht machen.
Gehen sie wieder mit in die 2. Liga zurück, falls sie das Ziel nicht erreichen?
Lieberknecht: Wenn es so ist, dass wir in die Zweite Liga gehen, sagt das unter anderem auch mein Vertrag aus, dass ich hierbleibe. Das hat auch mit meinem Gefühl für diesen Verein zu tun.
Andere Trainer haben in solchen Momenten schon einmal den Wunsch, sich weiterzuentwickeln...
Lieberknecht: Das spüre ich nicht. So denke ich auch nicht. Ich war schon immer sehr vertragstreu. Ich bin hier auch sehr verwurzelt. Das ist vielleicht auch etwas anderes.
Ihr Kumpel Jürgen Klopp war auch in Mainz sehr verwurzelt und ist dann zu einem größeren Club gegangen...
Lieberknecht: Da lief sein Vertrag auch aus. Das ist dann ja auch legitim. Das ist für mich kein Thema. Vor allem jetzt nicht.
Wie viele Punkte müssten ihrer Meinung nach bis zur Winterpause noch her, um in der Rückrunde eine realistische Chance auf den Klassenverbleib zu haben?
Lieberknecht: Mein Gefühl ist, dass man in dieser Saison viel weniger Punkte braucht als sonst. Ein kleines Ziel von uns ist auch, den Relegationsplatz im Auge zu behalten. Wenn wir das erreichen, ist das schon ein Riesen-Erfolg. Andere schielen da ja gar nicht drauf. Für die ist das eine Katastrophe. Für uns wäre das schon eine wahnsinnige Geschichte. Alles darüber hinaus wäre perfekt. Aber der Relegationsplatz ist das erste große Ziel für diesen Verein.
Sie leben sehr von der Emotionalität. Wie verkraften sie das?
Lieberknecht: Gut. Ich verkrafte manche Dinge besser, wenn ich mir mal zwar emotional, aber mit rationalen Gedanken Luft verschaffe. Das ist zwar für viele was neues, wenn das öffentlich stattfindet. Aber das ist mir wumpe. Das macht mir nichts aus.