Liga-Check Mainz bleibt Mainz — auch ohne Heidel

Der Aderlass ist groß. Der neue Sportdirektor Rouven Schröder steht vor einer gewaltigen Herausforderung.

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Mainz. 50 Millionen Euro für Sané hier, 25 Millionen für Embolo da. Der Mainzer Sportdirektor Rouven Schröder könnte angesichts der Zahlen, mit denen sein Vorgänger Christian Heidel inzwischen auf Schalke hantieren darf, neidisch werden. Wahrscheinlicher aber ist, dass der Sauerländer dieses Gefühl gar nicht kennt. Zu reizvoll, zu groß ist seine Aufgabe beim FSV Mainz 05. Für den neuen Mann gilt es, eigene Ausrufezeichen hinter die übergroßen Lettern zu setzen, die Heidel in 24 Jahren in der Gutenbergstadt hinterlassen hat. Der FSV muss auch vor seinem elften Jahr in der Fußball-Bundesliga einen Umbruch bewältigen — diesmal einen der besonderen Art.

Kann einer alleine überhaupt die Lücke füllen, die Christian Heidel hinterlässt?

Den Abschied des Managers zu kompensieren dürfte die Herkulesaufgabe für die Mainzer werden, die sich mit Abgängen von Spielern und Trainern ja auskennen. Bislang hatte Heidel immer Lösungen parat, dafür müssen jetzt andere sorgen. „Viele Menschen haben gedacht, dass es Probleme geben würde für Mainz, als ich gegangen bin. Schon damals wusste ich: Das viel größere Problem wäre es, wenn Christian Heidel geht“, sagte Jürgen Klopp einmal. Gefordert ist jetzt vor allem Rouven Schröder. Dem neuen Sportdirektor ist zuzutrauen, dass er gemeinsam mit Trainer Martin Schmidt eine starke Mannschaft auf den Rasen schickt. Schon in Bremen, Fürth oder in Nürnberg hat der gut vernetzte Kaderplaner bewiesen, dass er in der Lage ist, günstige Spieler mit Potenzial zu entdecken.

Wie soll der FSV ohne Führungsspieler Julian Baumgartlinger klarkommen?

Der Abgang des Kapitäns wiegt schwer, bietet aber anderen Spielern die Chance, sich zu beweisen. Die Rheinhessen verfügen über ein intaktes Mannschaftsgebilde — und potenzielle Leader haben sich schon gemeldet. Fabian Frei etwa, der nach langer Verletzung nun richtig angreifen will. „Ich traue mir zu, die Mannschaft zu führen“, sagte der Schweizer, der aber eher für die feine Klinge zuständig ist. Die Rolle des Zweikämpfers könnte der französische Neuzugang Jean-Philippe Gbamin übernehmen. Laut Internetportal transfermarkt.de haben die „Nullfünfer“ 21 Millionen Euro ausgegeben — so viel wie noch nie.

Müssen sich die Fans vor vielen Gegentoren fürchten?

Keeper Loris Karius ist dem Ruf Klopps in die Stadt der Beatles gefolgt. Rock’n’Roll statt Karnevalsmusik. Als Ersatz wurde Jonas Lössl von EA Guingamp geholt. Danish Dynamite oder trister Chanson? Qualität und starke Reflexe bringt der 27-Jährige auf jeden Fall mit. „Er ist ein Torhüter mit einer tollen Ausstrahlung, der seine Karriere behutsam aufgebaut, bereits eine tolle Entwicklung genommen und sich in einer europäischen Top-Liga etabliert hat“, weiß Schröder über den 1,95-Meter-Mann. Und dahinter warten Youngster wie U 19-DFB-Torhüter Florian Müller oder Jannik Huth, der mit Horst Hrubesch noch immer bei den Olympischen Spielen in Rio weilt. Eine Baustelle sieht anders aus.

Droht wegen der Doppelbelastung nun Abstiegskampf?

Die Mainzer Ausflüge in Europa waren immer von kurzer Dauer. Jetzt stehen sie zum ersten Mal in der Gruppenphase, sechs Spiele sind also sicher. Aber der Kader ist in der Breite gut aufgestellt. Abgesehen von Yunus Malli und Lössl kann auf fast jeder Position gleichwertig getauscht werden. Und selbst wenn es in der Bundesliga hakt — Martin Schmidt hätte nichts dagegen, wenn es wie beim FC Augsburg läuft — international für Furore sorgen, national die Klasse halten: „Das würde ich unterschreiben“, sagte der Schweizer.

Oder starten die Rheinhessen jetzt sogar regelmäßig den Angriff auf Europa?

Offiziell sagen würde das natürlich niemand. Und damit fahren die Mainzer angesichts des Gedränges auf den Plätzen vier bis zehn auch gut. Es gilt weiter die Prämisse: Jedes Jahr in der Bundesliga ist ein Geschenk. Auch wenn das natürlich untertrieben ist. Der Club ist etabliert, eine Platzierung im sicheren Mittelfeld wahrscheinlich — und wenn Rouven Schröder seine Arbeit ähnlich gut wie Christian Heidel erledigt, dann auch ein bisschen mehr.