Magaths Blick für Talente: Polter trifft gegen VfB
Wolfsburg (dpa) - Diesen „Neuzugang“ hatte beim VfL Wolfsburg im Sommer niemand auf der Rechnung. Sebastian Polter, Matchwinner beim 1:0 (0:0) gegen den VfB Stuttgart, war vor einigen Monaten noch ganz weit weg von der Fußball-Bundesliga.
„Momentan kann ich das noch nicht realisieren. Vor einem halben Jahr war daran nicht zu denken“, sagte der 20-Jährige nach seinem Siegtor.
Zwölf Neue hatte Trainer und Manager Felix Magath bis Ende August in die VW-Stadt gelotst. An die Jugend dachte in diesem Moment kaum einer, obwohl Wolfsburgs A-Junioren gerade deutscher Meister geworden waren. Polter gehörte nicht zu den Neuen. Das Talent kickte in der Regionalliga für den VfL. Gerade erst hatte Magath Polters Profivertrag bis 2014 verlängert, obwohl der noch kein einziges Bundesligaspiel gemacht hatte. Immer dann, wenn er auf dem Sprung zu den Profis war, warfen ihn Verletzungen zurück. Zwei Mittelfußbrüche und zwei ausgekugelte Schultern stehen bereits in seiner Krankenakte.
Trotz der Rückschläge, trotz der gewaltigen Konkurrenz im gerade erst für gut 20 Millionen Euro aufgemotzten Kader des VW-Clubs gab Polter nicht auf. „Ich bin immer fleißig, gehe immer an meine Grenzen“, sagte der Angreifer nach seinem ersten Bundesligator. Jetzt wurde Polter belohnt. Als die Not des in den Tabellenkeller gestürzten VfL gerade einmal wieder besonders groß war, warf Magath den Youngster ins kalte Wasser. Bereits beim 1:4 in der Vorwoche bei Werder Bremen durfte Polter zum ersten Mal in der Bundesliga ran. Gegen Stuttgart erhielt er die nächste Chance und traf. „Es ist toll, in der Bundesliga angekommen zu sein“, jubelte der Matchwinner nun.
Magath stellte dem Siegtorschützen weitere Chancen in Aussicht: „Er hat schon in Bremen angedeutet, dass er ein Gewinn sein kann. Hoffentlich macht er weiter so.“ Sogleich war der VfL-Coach bemüht, seine neueste Entdeckung auf dem Boden zu halten. „Er hat das gemacht, wofür er rein gekommen ist“, bemerkte Magath nüchtern. Was man von vielen der neu verpflichten Spieler im Sommer nicht behaupten kann. Einige von ihnen spielen schon längst keine Rolle mehr bei Magath: Hrvoje Cale, Sotirios Kyrgiakos, Alexander Hleb, wohl auch Srdjan Lakic. Der 1,5-Millionen-Mann Mateusz Klich machte gar noch kein einziges Spiel für die Niedersachsen.
Bei jungen Talenten scheint Magath ein glücklicheres Händchen zu haben. „Auf Schalke hat man auch schon gesehen, dass er Spieler in die Bundesliga holen kann. Er motiviert junge Spieler“, sagte Polter. In Gelsenkirchen zauberte Magath Julian Draxler (18), Joel Matip (20) und Lukas Schmitz (23) aus dem Hut. Alle drei sind mittlerweile Bundesliga-Stammspieler. Davon träumen neben Polter nun auch Bjarne Thoelke (19) und Maximilian Arnold (17), denen Magath in dieser Saison in Wolfsburg zum Profi-Debüt verhalf. Beim Wolfsburger Gegner vom Samstag waren es einst Philipp Lahm, Kevin Kuranyi und Mario Gomez, denen Magath in der Bundesliga eine Bühne gab.
Bei der Talentförderung schreckt Magath auch vor harten Entscheidungen nicht zurück. Hasan Salihamidzic, den er 1995 beim Hamburger SV in die Bundesliga geholt hatte, musste am Samstag für Polter weichen. 22 Minuten nach seiner Einwechslung. „Ich wollte mit Brazzo mehr Sicherheit ins Offensivspiel bringen, was nicht geklappt hat. Deshalb musste ich mich korrigieren und habe einen richtigen Stürmer gebracht“, rechtfertigte sich Magath.
Im Winter will Magath wegen der enttäuschenden Hinrunde wieder neue Spieler holen. Wohl auch Angreifer. Polter versprach: „Wenn einer kommt, werde ich weiter mein Bestes geben.“