Mit Bayers Segen: Toprak spielt für die Türkei

Leverkusen (dpa) - In der Abwehr des deutschen Nationalteams findet Ömer Toprak keine Lücke. „Mein Herz hat entschieden. Ich werde zukünftig das Trikot der türkischen Nationalmannschaft tragen“, verkündete der 22-jährige Innenverteidiger von Fußball-Bundesligist Bayer Leverkusen.

Vor dem Champions-League-Spiel gegen den KRC Genk sorgte er damit für Klarheit. Für den in Ravensburg geborenen Sohn eines türkischen Auswanderers war dies aber nicht nur ein emotionaler Entschluss, sondern auch eine Entscheidung aus Kalkül und für die Karriere.

„In der deutschen Nationalmannschaft sieht er keine große Perspektive, weil es genügend junge Abwehrspieler gibt“, erklärte Leverkusens Trainer Robin Dutt. Gemeint sind unter anderen Holger Badstuber vom FC Bayern, Mats Hummels und Marcel Schmelzer von Borussia Dortmund oder Benedikt Höwedes vom FC Schalke 04. Chefcoach Dutt, der Toprak beim SC Freiburg zum Erstliga-Debüt am 16. Januar 2010 verholfen hatte, weiß auch, dass der Junge mit dem Drei-Tage-Bart lange mit sich gehadert hat: „Das war eine Mischung aus Emotionalität und sportlichem Ehrgeiz. Er hat die Entscheidung nicht einfach so getroffen, sie ist wohl überlegt.“ Den Segen seines Trainers und des Werksclub hat er dafür. „Er fühlt sich damit gut. Dann fühle ich mich auch gut“, meinte Dutt.

Leicht ist es Ömer Toprak nicht gefallen. Mehrmals hat er im August mit dem türkischen Nationaltrainer Guus Hiddink gesprochen, mit der Familie und Freunden. „Ich weiß, dass ich dem Deutschen Fußball-Bund viel zu verdanken habe“, sagte Toprak, der 2008 mit der deutschen U 19-Nationalmannschaft Europameister wurde. „Aber in meinem tiefsten Inneren fühle ich mich als Türke.“ Noch fehlt ihm die türkische Staatsbürgerschaft.

Vor zwei Jahren waren Themen wie Nationalteam, Champions League oder Bundesliga von einem zum anderen Augenblick für den Deutsch-Türken in weite Ferne gerückt. Bei einem Unfall auf der Kartbahn erlitt er schwere Verletzungen, lag zwei Wochen auf der Intensivstation. Mit unbändigem Willen kämpfte er sich zurück, und stand sieben Monate später für den SC Freiburg wieder auf dem Platz. In Trainer Dutt fand er einen Förderer, der von seinen Fähigleiten überzeugt ist: „Ömer bringt alles mit, was ein guter Innenverteidiger braucht: Er ist schnell, beidfüßig und spielintelligent.“

Bei Bayer 04 hat er einen Fünfjahresvertrag unterschrieben und sich schnell neben Stefan Reinartz einen Stammplatz erobert. Er verdrängte sogar Manuel Friedrich, der seit 2007 in der Bayer-Abwehr gesetzt war.

Zuletzt hinterließ das Duo Reinartz/Toprak allerdings nicht den besten Eindruck: Nach drei Zu-Null-Spielen folgten drei Partien mit neun Gegentreffern. „Sie sind ganz hervorragende Innenverteidiger, die sich entwickeln werden“, urteilte Dutt. „Die beiden haben Qualität, auch wenn sie es zuletzt nicht immer zeigten.“