Mit Finks offensiver Handschrift aus dem Keller

Hamburg (dpa) - Der neue HSV-Trainer Thorsten Fink sprang Sportdirektor Frank Arnesen auf den Rücken, drückte ihn und strich ihm liebevoll über den Hinterkopf. Beim Ausgleich von Mladen Petric (56.) zum 1:1 (0:1) gegen den VfL Wolfsburg fiel der immense Druck von dem Bundesliga-Neuling ab.

„Ich war von dem frühen Gegentor geschockt und hatte befürchtet, dass meine Mannschaft noch nervöser wird. Aber sie hat an sich geglaubt“, sagte Fink, dessen Debüt sogar den sonst so viel beobachteten Felix Magath in den Schatten stellte.

„Ich habe mich schon verbessert, wir sind nun Vorletzter - das ist meine Aura“, scherzte Fink über den Medienhype an der Elbe, der ihn an die aktiven Zeiten bei Bayern München erinnerte. Viel wichtiger war dem Liebhaber des Offensivfußballs, dass seine Handschrift nach nur vier Trainingstagen zumindest in Ansätzen zu erkennen war: 20:7 Torschüsse, leidenschaftlicher Einsatz bis zur 90. Minute und ein dominantes Flügelspiel gefielen dem ehemaligen Basel-Coach: „Sicherlich wird es schwer, das ist ja ganz klar. Aber ich habe keine Angst: Wenn wir so weiterspielen, werden wir da schon rauskommen.“

Die Schlafmützigkeit der ersten Minuten muss allerdings schleunigst abgestellt werden. Der HSV wurde nach nur 65 Sekunden kalt erwischt, der routinierte Dennis Aogo sah beim Blitztor von Mario Mandzukic schlecht aus. Hinzukam ein erneutes Missverständnis zwischen Innenverteidiger Slobodan Rajkovic und dem auf seiner Torlinie klebenden Jaroslav Drobny - so segelte die Flanke von Patrick Ochs unbedrängt durch den Strafraum.

„Das war ein Raketenstart, kurz und schnell, aber dieses Niveau der ersten 90 Sekunden haben wir nicht halten können“, so Magath, der ob der Überlegenheit seines ehemaligen Vereins voller Zufriedenheit die Heimreise antrat. Er bedankte sich bei Torhüter Diego Benaglio für den wichtigen Punkt: „Er war super, überragend.“ Tatsächlich stand der Schweizer mit seinen Paraden dem ersten Heimsieg der Hanseaten seit sieben Monaten im Weg und verhagelte die Fink-Premiere.

Arnesen wollte davon aber gar nichts wissen: „Man hat gesehen, was er will: das Spiel dominieren. Der Glaube ist da und wir haben hervorragend Fußball gespielt“. Man blende nach dem erst zweiten Heimpunkt die Realität nicht aus, „aber es sind noch 24 Spieltage“. Die Profis scheinen dermaßen erleichtert zu sein, endlich einen Fußballlehrer mit einem genauen Plan vor sich zu haben, dass sogar ein Petric die Liebe zum Laufspiel entdeckt. In der Schlussphase klärte der Stürmer auf der Linie. „In den vier, fünf Tagen hat er schon rübergebracht, was er bewegen will“, so der Kroate.

Paolo Guerrero und Marcell Jansen sind die Gewinner des Trainerwechsels. Fink setzt im Abstiegskampf klar auf die Erfahrenen, fordert aber noch viel mehr Spritzigkeit und Abstimmung. Die soll schon am Dienstag bei Pokalschreck Eintracht Trier und am Sonntag erneut zu Hause gegen Kaiserslautern gezeigt werden.

Wie Magath weiter nach oben kommen will, war besonders nach dem Schlusspfiff zu sehen. Da liefen seine Schützlinge in Reihen in einer Art Extratraining brav noch ein paar Runden über den Rasen, die Reservisten mussten einen Sprint nach dem anderen hinlegen. „Ich sehe Fortschritte bei uns, das ist nicht ungewöhnlich, aber als Tabellen-Elfter werden wir uns noch verbessern können“, sagte Mister VfL in seiner süffisanten Art.